Karle, Isolde
Evangelische Theologie: "Erzählen Sie mir was vom Jenseits" die Bedeutung des Himmels für die religiöse Kommunikation

Ausgangspunkt der Fragestellung ist die Beobachtung, dass wir seit Beginn der Moderne in einer Zeit der radikalen Verdiesseitigung leben, zugleich aber die Sehnsucht nach Transzendenz empirisch vielfältig zu belegen ist. Das führt theologisch zu der Frage, ob und ggf. wie wir nach Aufklärung und Religionskritik noch vom Himmel reden können. Friedrich Schleiermacher hat als berühmter Exponent moderner Theologie jede Jenseitsvertröstung radikal abgelehnt, die erkenntnistheoretischen Grenzen jeder eschatologischen Rede hervorgehoben und zugleich behutsam eine metaphorische Rede vom Himmel eingeklagt und praktiziert. Diesen Spuren folgt der Aufsatz, indem er im Anschluss an neue schöpfungstheologische Studien den Himmel als eine eigene, von Gott geschaffene überkomplexe Wirklichkeit, die uns letztlich entzogen bleibt, begreift. Ist der Himmel Geschöpf und damit von Gott zu unterscheiden, der im Unterschied zum Himmel sowohl auf Seiten der Transzendenz (des Himmels) als auch der Immanenz (der Erde) vorkommen kann, ergeben sich im Anschluss an die biblische Tradition behutsame Imaginationen des Himmels als einer Welt, die nicht auf die Seele-Gott-Beziehung reduziert werden kann und darf. Der Himmel hat dann keinen eskapistischen Charakter mehr, sondern wirkt sich unmittelbar auf das Leben auf der Erde aus, sowohl im Hinblick auf den Horizont ihrer möglichen Veränderung, als auch im Hinblick auf die Erkenntnis der Endlichkeit und Begrenztheit menschlicher Wahrnehmungsformen und Existenz, die zu einer realistisch-liebevollen Hinwendung zum irdischen Leben führt. In den praktisch-theologischen Konsequenzen wird das Eigenrecht der religiösen Rede vom Himmel anhand der Stufen kognitiver Entwicklung von Kindern und Jugendlichen entfaltet, um dann ausgiebig auch der religiösen Praxis selbst Raum zu geben. Entscheidend ist bei all den genannten Beispielen die vielfältige Verwendung der Metaphern in Bezug auf den Himmel, die sich gegenseitig relativieren und ergänzen und sich im Spannungsfeld zwischen barocker Überladung und abstrakter Reduktion bewegen. Die Beispiele aus der seelsorgerlichen Praxis, die zum Teil auch Gegenstand literarischer Werke sind, zeigen dabei, wie elementar und grundlegend eine poetisch-metaphorische und theologisch reflektierte Sprachkompetenz in Bezug auf den Himmel ist.


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Personen: Karle, Isolde

Schlagwörter: Himmel Moderne Jenseits Metapher Religiöse Kommunikation

Karle, Isolde:
Evangelische Theologie: "Erzählen Sie mir was vom Jenseits" : die Bedeutung des Himmels für die religiöse Kommunikation / Isolde Karle. - 65, 2005. - S.334-349
Einheitssacht.: Wie können wir vom Himmel reden?

Zugangsnummer: 2011/4176