Park, Jeongsoo
Evangelische Theologie: Sündenvergebung im Matthäusevangelium ihre theologische und soziale Dimension

Abschließend sei unsere These noch einmal zusammengefasst. Die Sündenvergebung im MtEv hat zwei Dimensionen, eine theologische und eine soziale: Gott vergibt dem Menschen und der Mensch vergibt seinerseits seinem Mitmenschen. Wir haben deshalb die "göttliche Vergebung" von der "zwischenmenschlichen Vergebung" sorgfältig unterschieden. Die Darstellung des Themas "Sündenvergebung" zielt im MtEv auf eine Synthese beider Formen von Vergebung, die im MkEv und in Q noch relativ getrennt sind. Mt rückt die menschliche Vergebung in den Mittelpunkt. Dafür spricht die erste Synthese, die er an zwei Hauptstellen zur Sündenvergebung formuliert (6,14 f.; 18,35): Die zwischenmenschliche Vergebung ist Voraussetzung für die göttliche Vergebung. Das ist allerdings nicht von vornherein evident, sondern wird in einem Erzählprogramm des MtEv in mehreren Schritten entwickelt: Jesus bringt als messianischer König die Sündenvergebung (1,21), er überträgt diese königliche Vollmacht auf die Menschen (9,8), indem er der Gemeinde die Vollmacht zum "Binden und Lösen" verleiht (16,18; 18,18). Sie wird nicht ausgeübt, um über andere Menschen zu herrschen, sondern um das Zusammenleben in einer brüderlichen Gemeinschaft zu ermöglichen. Die theologische und die soziale Dimension der Sündenvergebung werden dabei eng aufeinander bezogen: Weil Gott als Herrscher der Welt die Sünden von Menschen vergibt, können auch Menschen sich gegenseitig vergeben. Und weil sie einander vergeben, erfahren sie Sündenvergebung bei Gott. Bei der zwischenmenschlichen Vergebung verwirklicht Mt noch einmal eine Synthese von Herrschafts- und Bruderschaftsethos, für die es Analogien in seiner jüdischen Umwelt im Aristeasbrief und den TestXII gibt. Die menschliche Vergebung nimmt bei Mt auf der sozialen Ebene eine zweifache Gestalt an, indem er beide Sozialformen des Vergebungsethos verbindet. Der Messias herrscht durch seine Selbsterniedrigung: Er ist der demütige König, der dienen will. Die im Judentum vorgegebene Verbindung von theologischer und sozialer Dimension der Sündenvergebung wird somit im MtEv durch die Christologie unauflöslich verschmolzen. In der christlichen Gemeinde gilt: Jeder ist ein kleiner Herrscher; der gegenüber seinen Mitmenschen barmherzig ist, ihnen ihre Schulden erlässt, seinen Zorn bewältigt, um seinem Bruder vergeben zu können.


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Personen: Park, Jeongsoo

Schlagwörter: Judentum Vergebung Matthäus Sünde

Park, Jeongsoo:
Evangelische Theologie: Sündenvergebung im Matthäusevangelium : ihre theologische und soziale Dimension / Jeongsoo Park. - 66, 2006. - S.210-227

Zugangsnummer: 2011/4653