Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass man heute die Entstehung des Monotheismus einigermaßen plausibel machen kann, ist der Widerspruch zur Glaubensgeschichte deutlich geworden, wie sie das Alte Testament darstellt. Damit stellt sich die Frage neu, wie religionshistorische und systematisch-theologische Fragen miteinander zusammenhängen. Diese Frage stellt sich auch in der Gegenwart angesichts wachsender Mobilität und des damit gegebenen Kulturaustausches. Historisch ist der Unterschied zwischen Judentum, Christentum und Islam leicht zu erklären, wie aber ist in der Gegenwart mit diesen Differenzen zu verfahren? Haben Juden, Christen und Muslime es heute mit dem gleichen Gott zu tun? Können sie gar gemeinsam beten? Diese Fragen werden in diesem Beitrag mit einer funktionalen Fragestellung (der Wozu-Frage) angegangen. In diesem Zuge wird die massive Umorganisation des Symbolsystems durch den Monotheismus herausgearbeitet. Der Übergang von polytheistischen Weltdeutungssystemen zum exklusiven Monotheismus ist gekennzeichnet durch den Verlust a) der geografischen Dimension b) der ikonografischen Dimension und c) der sozialen Analogie (von Königshof und göttlichem Hof) d) der Neukonstituierung des religiösen Symbolsystems. Die Verbindung zwischen Gott und Welt wird zum Problem, die Offenbarung zum Zentrum der Neubewertung von Geschichte. Damit aber stellt sich für diese drei Religionen das Problem von Partikularismus und Universalismus, das diese drei Religionen je unterschiedlich beantworten und dennoch für jede von ihnen eine bleibende theologische Herausforderung darstellt. Auf diesem Parkett bewegt sich am sichersten, wer die theologische, historische und die funktionale Fragestellung (im Anschluss an Bonhoeffers Wer-Frage; Wie-Frage und Wozu-Frage) so klar wie möglich voneinander unterscheidet.
Personen: Stolz, Fritz
Stolz, Fritz:
Evangelische Theologie: Wesen und Funktion von Monotheismus / Fritz Stolz. - 61, 2001. - S.172-189