Zivilprozess um einen Badeunfall als mediales Ereignis. (DR) Zwei gut situierte Familien machen Urlaub, und die Tochter der Grünen Abgeordneten nimmt sogar eine Klassenkollegin mit. Eine aus Somalia Geflüchtete, der sie das Schwimmen beibringen möchte. Ob sie das auch möchte, ist nicht klar, da Aayana kaum spricht und kaum Deutsch kann. Die Absichten sind die besten, aber leider ertrinkt das Mädchen. Was folgt, ist ein Spießrutenlauf durch Gerichte und Medien. Die Flüchtlingsfamilie und die Gutmenschen werden gleichermaßen zu Opfern. Man fragt sich, wer sich in der Gegenwart Glattauers noch zu reden traut. Jede Phrase wird abgespeichert mit dem dazugehörenden Verhalten. Erschreckend, wie viele Dialoge man kennt. Nicht vom Wortlaut, aber vom Verlauf her. Der Wortlaut ist natürlich besser, Glattauer ist ein Meister des verdichteten Dialogs. So hat man einmal Mitleid mit den Flüchtlingen, einmal mit der Tochter der Abgeordneten, einmal mit der Politikerin, alles ist zutiefst menschlich und steuert doch unaufhaltsam auf die Tragödie zu. Aber Glattauer wäre nicht Glattauer, wenn das Drama nicht immer wieder mit Humor aufgelockert wäre und wenn am Ende des Gewitters sich nicht doch die Sonne hervortrauen würde. Absolut aktuelle Problematik in perfekt zeitgemäßer Sprache dargeboten, das ist eindeutig empfehlenswert.
Personen: Glattauer, Daniel
Glattauer, Daniel:
Die spürst du nicht : Roman / Daniel Glattauer. - Wien : Paul Zsolnay Verlag, 2023. - 303 Seiten
ISBN 978-3-552-07333-3 Festeinband : 25,70 (AT)
Schöne Literatur - Signatur: Glatt - Buch