Kann zwischen Dienstgeberin und Angestellter wirkliche Freundschaft gelingen? (DR) Elisabeth, Journalistin und freie Schriftstellerin, hat nach 20 Jahren in New York und jahrelanger Mitarbeit bei der New York Times die Metropole verlassen, um mit ihrem Mann und ihrem viermonatigen Sohn in einer kleinen Stadt zu leben. Neu in der Villengegend, noch nicht entwöhnt von der Großstadt New York und durch das Baby ans Haus gebunden, fremdelt Elisabeth mit der ungewohnt ländlichen Pseudoidylle. Um sich auf ihr neues Buch konzentrieren zu können, engagiert sie Sam, Kunststudierende am hiesigen Frauencollege, als Babysitterin. Sam stammt aus einfachen Verhältnissen und ist dank Stipendium die erste in ihrer Familie, die studieren kann. Natürlich muss sie sich, im Gegensatz zu ihren reichen Mitstudierenden, dennoch etwas dazuverdienen und da kommt ihr die Babysitting-Arbeit gerade recht. Zuvor arbeitete sie in der Mensa, wodurch sie Einblicke in die schwierige soziale Situation der lateinamerikanischen Mensa-Mitarbeiterinnen erhielt. Es entsteht eine Freundschaft zwischen den zwei so ungleichen Frauen, die jedoch – was Elisabeth nicht wahrhaben will – nicht auf Augenhöhe stattfindet, wird Sam ja für ihre Dienste bezahlt. Dieses ungleiche Verhältnis zeigt sich in einem gutgemeinten, aber übergriffigen Verhalten Elisabeths, als es um Sams Jobeinstieg nach dem Studium und die Beziehung zu ihrem deutlich älteren englischen Freund Clive geht. Aber auch Sam muss sich eingestehen, dass sie mit einem anonymen Brief an die College-Präsidentin, in dem sie auf die prekäre Arbeitssituation der Mensa-Angestellten hinweist, eine Grenze überschritten und alles nur noch verschlimmert hat. Der Roman hat laut der Autorin durchaus autobiographische Elemente: Sullivan hat selbst während des Studiums als Babysitterin gearbeitet, gleichzeitig ist sie wie Elisabeth Schriftstellerin und Journalistin u. a. bei der New York Times. Dadurch gelingt es ihr, beide Perspektiven authentisch einzufangen. Ein Roman, der soziale und gesellschaftliche Fragen des heutigen Amerikas aufwirft und dabei trotz mancher Längen durch Leichtigkeit und Humor besticht. Empfehlenswert!

---

Personen: Sullivan, J. Courtney O'Brien, Andrea Schönherr, Jan