Engbring, Klaus Hoppe-Engbring, Yvonne
Omas Abschied
Bilderbuch

Himmelsvorstellungen und Gottesbilder, die Trost und Hoffnung spenden wollen, jedoch die aktuellen Zugänge der Trauerbegleitung verfehlen. (ab 4) (JD) Wenn man das Buch in die Hand nimmt, entsteht durch den euphemistischen Titel und die freundliche Illustration sofort der Eindruck, dass die primäre Absicht des Buches ist, den Kindern die Angst vor dem Tod zu nehmen: die fitte Oma, die zum Schluss voller Neugierde, doch ohne erkennbare Krankheit durch eine Tür verschwindet; der Engel-Opa, der wie in seinem alten Job als Technischer Sekretär den Busverkehr im Himmel leitet; und schließlich die Enkelin und Erzählerin, die kein einziges Mal traurig ist, sondern die Sache für sich schönredend mit Humor und einem Lächeln im Gesicht durch "Omas Abschied" spaziert. Doch genau in den genannten Punkten begründet sich meines Erachtens eine sehr problematische Darstellung. Ich möchte mit dem "durch die Tür verschwinden" der Oma beginnen: "Und dann ist sie durch die Tür durchgegangen und hat sie zugemacht. Von der anderen Seite." Doch ein verstorbener Körper verschwindet nicht einfach, sondern findet in einer Bestattung seine letzte Ruhe - darüber muss man mit Kindern reden, damit diese lernen, die Endlichkeit an sich überhaupt zu verstehen. Kleinen Kindern zu vermitteln, dass Menschen einfach so "verschwinden", kann höchst traumatisch sein, da die Kinder in dieser Altersgruppe alles sehr wörtlich nehmen und daher eventuell Verlustängste entwickeln. Auch der Opa fliegt einfach mit einem Heißluftballon gen Himmel: Kinder glauben dann tatsächlich, dass die Person auf Reisen ist und wiederkommen müsste oder anders, dass beispielsweise reisende Eltern nicht mehr zurückkommen werden. Der zweite Punkt, den ich ansprechen möchte, bezieht sich auf die Himmelsvorstellungen und dem damit einhergehenden Gottesbild. Die meisten Kinder im Kindergartenalter stellen sich Gott und die Verstorbenen personifiziert im Himmel als realen Ort vor. Gleichfalls ist das Bild, die Verstorbenen können im Himmel den Dingen nachgehen, die sie schon im Leben gerne gemacht haben, sicherlich tröstend und gibt Hoffnung. Aber sehr befremdlich ist in dieser Geschichte, dass der verstorbene Opa im Himmel seinen Job so gut macht, sodass Gott auf ihn zukommt, ihm eine Urkunde überreicht und zu ihm sagt: "Wenn ich auch mal was für dich tun kann, sag Bescheid." Daraufhin erfüllt Gott Opas Wunsch, die Oma zu sich zu holen. Dieses Bild, dass Gott auf Opas Wunsch hin eine Tür aufstellt, durch welche die Oma wie in eine göttliche und zugleich körperliche Parallelwelt verschwindet, ist ein sehr beängstigendes Gottesbild. Abschließend sei das Verhalten der Enkelin erwähnt. Im Kontext kindlichen Trauerverhaltens spricht man von "Trauerpfützen", d. h. sie springen von der Trauer in die Normalität und vice versa. In der Geschichte wird ihre Trauer jedoch gar nicht erwähnt. Etwas verstörend finde ich außerdem, dass die Enkelin niemanden hat, der sie in ihrer Trauer begleitet. Selbst am Buchende sieht sie sich allein Fotos an. Ich persönlich kann daher einen Buchkauf nicht empfehlen.


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Personen: Engbring, Klaus Hoppe-Engbring, Yvonne

Schlagwörter: TrauerThek

Interessenkreis: Bilderbuch

Engbring, Klaus Hoppe-Engbring, Yvonne:
Omas Abschied. - Freiburg i. Br. : Herder, 2020. - [28] S. : überw. Ill. (farb.)
ISBN 978-3-451-71578-5 fest geb. : 15,50 Euro

Zugangsnummer: 2023/0487 - Barcode: 2-1140536-6-00014957-0
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