Welche Farbe hat die Erinnerung? Im Roman Bruder Wolf& der portugiesischen Autorin Carla Maia de Almeida ist es das Blau. Die 15-jährige Bolota erinnert sich an die tragischen Ereignisse in ihrer Familie, als sie acht Jahre alt war. Die gegenwärtige Erzählebene ist auf weißen Seiten gedruckt, die kindliche auf zartem Blau, eingerahmt von den eindrucksvollen Illustrationen von António Jorge Goncalves. Bolota schildert, wie sich ihre Familie vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise zunehmend einschränken muss und in immer kleineren Wohnungen immer mehr auseinanderdriftet. Für Malik, den titelgebenden Husky, ist irgendwann kein Platz mehr. Mit seinem Verschwinden zeichnet sich das Zerbrechen der Familie ab. Von einem Roadtrip mit dem Vater kehrt Bolota schließlich alleine zurück. Die Erzählung ist reduziert, die Sprache dabei poetisch und bildreich; hervorstechend ist, wie Bolota jedem Familienmitglied einen geheimen Namen zuteilt. Der Vater ist „Schwarzer Elch“, in schlechten Momenten. Das Namensspiel macht den Text besonders, die Lektüre gerade zu Beginn aber auch etwas mühsam und zuweilen prätentiös. Die ansonsten anrührend erzählte Geschichte wird geprägt von den in Blau, Schwarz und Weiß gehaltenen Illustrationen, die Räume aufmachen, Erinnerungen verorten und von der ersten Seite an die Stimmung des Romans festlegen. Möchte man diese Stimmung beschreiben, so drängt sich ein Wort auf, mit dem das Portugiesische eine Mischung aus Melancholie, Nostalgie, Einsamkeit und Sehnsucht zusammenzufassen vermag: Saudade.
Altersempfehlung: ab 11 Jahren.
Personen: Almeida, Carla Maia de
Almeida, Carla Maia de:
Bruder Wolf / Carla Maia de Almeida. Aus dem Portug. von Claudia Stein. Mit Ill. von António Jorge Gonçalves. - Frankfurt a. M. : Fischer Sauerländer, 2016. - 172 S. : Ill.
ISBN 978-3-7373-5360-1 fest geb. : EUR 15,50
Romane und Erzählungen für Jugendliche ab 12 Jahre - Signatur: Almei - Buch