Ein unermüdlicher Ideenproduzent nimmt Einfluss auf den Buchmarkt und muss um sein Leben fürchten. (DR) Jostein Gaarder könnte - was seinen Ideenreichtum betrifft - gern und gut die Hauptfigur dieses Romans sein. Schon als Kind hat Petter lieber Geschichten ersonnen, als mit Gleichaltrigen im Hof zu spielen. Altklug und auf sich selbst gestellt, hat er die Welt von der Wohnung aus erobert und auf sie Einfluss genommen. Später hat er seine Gabe zum Beruf gemacht. Allerdings ist er nicht Schriftsteller geworden, wie man nun vermuten könnte. Ruhm und Auftritte in der Öffentlichkeit überlässt er lieber anderen, er agiert im Hintergrund und baut geschickt und systematisch sein Autorenhilfswerk auf. Zu seinen Kunden zählen bald alle Autoren des kleinen Landes im Norden Europas und er muss fürchten, dass sein Netz Löcher bekommt, er als Spinne auffliegt. Und es kommt, wie es kommen muss: Bei der Kinder- und Jugendbuchmesse in Bologna tauchen Gerüchte auf, er könnte hinter diesem Netzwerk stehen, mit der Rache der Autoren sei zu rechnen und sein Leben gefährdet. Für den alles Kalkulierenden wird es gefährlich und eine Flucht wird notwendig. Aber auch das Vorleben holt ihn ein. Der sonst so zurückgezogen lebende Mann mit seinen kontrollierten sexuellen Begegnungen hat sich vor beinahe dreißig Jahren mit einer Frau eingelassen, die nur ein Kind von ihm wollte, ohne weitere Verpflichtungen. Ihr hat er viele seiner Geschichten erzählt, die plötzlich in Bestsellern wieder auftauchen. Und genau die Frau, die seine Tochter ist, trifft er in Italien und er begeht den Fehler, ihr dieselben Geschichten wieder zu erzählen. Zu spät merkt er, in wen er sich da verliebt hat. Der Geschichtenverkäufer ist zugleich der Erzähler dieses Romans. In locker leichtem Plauderton gibt er sein Leben preis. Es macht ihm Spaß, sich mit seinen Ideen und Einfällen von seiner Umwelt abzusetzen, er weiß, dass seine Geschichten gut sind und er kein Durchschnitt ist. Sie sind kurzweilig zu lesen, man findet es bedauerlich, dass es bloß die Exposees sind, die Synopsen, die er an Schriftsteller mit Schreibblockade verkauft. Die Story dieses Romans ist gut, wenngleich bald klar wird, wer Beate sein muss. Ein Lesevergnügen ist garantiert und jede/r darf sich ausmalen, ob aus diesem verschrobenen Typen wirklich der normale Mensch wird, als der er am Ende des Romans leben möchte.
Personen: Gaarder, Jostein
Standort: U Bücher
Gaarder, Jostein:
Der Geschichtenverkäufer : Roman / Jostein Gaarder. - München : Hanser, 2002. - 271 S. - Aus dem Norweg. von Gabriele Haefs
ISBN 978-3-446-20210-8 fest geb. : ca. € 20,50
Belletristik, Filme, Hörbücher - Signatur: U Gaard - Buch