Roman über die Last der unerzählten Geschichte. Der österreichische Schriftsteller Constantin Göttfert, geboren 1979, setzt sich im vorliegenden Roman, an dem er vier Jahre gearbeitet hat, intensiv mit der Wirkkraft tabuisierter, nicht erzählter und dennoch immer mitschwingender Geschichte(n) auseinander. Konkret geht es in dem Roman um die Geschichte der Karpatendeutschen, die mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs aus der Slowakei vertrieben wurden, und das Weiterwirken von uneingestandener Schuld, des Traumas der Vertreibung (und eines Familiengeheimnisses) bis in die Enkelgeneration. Göttfert erzählt aus der Sicht Martins, eines Marchfelder Hauptschullehrers, dessen Lebensgefährtin Ina aus einer Familie von Karpatendeutschen stammt. Als ihr Großvater, ehemaliger Großbauer auf der slowakischen Seite der March und nunmehr Kleinbauer am ehemaligen Eisernen Vorhang, an Darmkrebs stirbt und Ina schwanger ist, spürt sie die Last der unausgesprochenen Vergangenheit, trennt sich von Martin und macht sich mit ihrem Baby auf die Suche nach der wahren Geschichte ihrer Familie. Martin versucht den ganzen, über 400 Seiten langen Roman hindurch, mit dieser Trennung zu Rande zu kommen und Inas Familiengeschichte und sie selber zu verstehen, und folgt ihr auf ihre Reise in die Slowakei. Ein Roman, der im Rückgriff auf die Nazizeit und die Vertreibung der Deutschen die Geschichte dieses Grenzlandes an der March im Kalten Krieg und des (Martins Wahrnehmung nach) nicht immer gelungenen Neuaufbruchs nach dem Fall des Eisernen Vorhangs in wirkmächtigen Landschafts- und Dorfbildern reflektiert. Ob für Ina und Martin nach der Konfrontation mit der Vergangenheit von Inas Familie ein Neuanfang möglich wird, bleibt offen. Eine anspruchsvolle, atmosphärisch sehr dichte Lektüre, die ihre Zeit braucht, die meines Erachtens aber interessierten LeserInnen für ein tieferes Verständnis unserer Gegenwart speziell im Osten Österreichs sehr zu empfehlen ist.

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Personen: Göttfert, Constantin

Standort: U Bücher