Während Historiker die "Was wäre wenn?"-Frage alternativer Geschichtsschreibung meiden (zuletzt ID-B 26/14), schätzen manche Autoren kontrafaktisches Erzählen sehr. Laurent Binet (* 1972) legt mit "Eroberung" nach seinem prämierten Debüt über Reinhard Heydrich (ID-A 44/11) und seiner Mordkomplottparodie über Roland Barthes (ID-A 5/17) einen spektakulären Alternativgeschichtsroman vor. Dabei dreht er die Geschichte von Kolumbus und der Konquista um. Fiktiver Ausgangspunkt: Die Wikinger sind bis nach Südamerika vorgedrungen und bringen den Indios Eisen, Pferde und Viren, die ihr Immunsystem stärken. Die Folge: Kolumbus scheitert in der Karibik. Die Konsequenz: Inkakönig Atahualpa segelt mit 200 Getreuen nach Europa, erobert durch strategisches Geschick die "alte Welt", revolutioniert die Landwirtschaft und führt die Verehrung des Sonnengottes ein. - Ein Lesevergnügen nicht nur für historisch Interessierte. Ist die Handlung manchmal auch forciert, amüsiert die Persiflage auf den Eurozentrismus. Eine intelligente Variante mit Auftritten von Luther, Michelangelo, Tizian und Cervantes. Sehr empfehlenswert. Jan Roidner
Freigegeben ab 16 Jahren.
Personen: Binet, Laurent Wachinger, Kristian
Binet, Laurent:
Eroberung : Roman / Laurent Binet ; aus dem Französischen von Kristian Wachinger. - Deutsche Erstausgabe. - Hamburg : Rowohlt. - 382 Seiten ; 21 cm
Einheitssacht.: Civilizations
ISBN 978-3-498-00186-5
R 11 - Signatur: R 11 Bin - Belletristik Erw.