Ende April 1945 trifft der amerikanische Offizier Michael Hansen in einem Antiquariat am Ammersee auf einen Wegbegleiter des Eugenikers Alfred Ploetz. Dieser erzählt ihm seine Lebensgeschichte. So erfährt Hansen von dem Pakt zwischen Ploetz und den Nazis.
Der neue Roman des renommierten und viel gelesenen Romanciers Uwe Timm (geb. 1940) arbeitet ein Kapitel der NS-Herrschaft in Deutschland auf, das sonst eher am Rande abgehandelt wird: die Euthanasie. Im Mittelpunkt steht dabei der Arzt Dr. Alfred Ploetz, der mit seiner "wissenschaftlichen" Eugenik der Rassenhygiene der Vernichtung "lebensunwerten Lebens" geistig den Weg ebnete. Timms Roman greift aber erzählerisch noch sehr viel weiter aus, indem in der Rahmenhandlung ein deutsch-amerikanischer Offizier kurz vor Kriegsende in München auf die Spuren dieses Dr. Ploetz kommt und in den ausführlichen Aussage-Protokollen eines engen Weggefährten des schon 1940 verstorbenen Alfred Ploetz die geistige Vorgeschichte des Rassenwahns ausleuchtet. Damit gelingt es Timm, das Thema der Rassenbiologie (mit vielen Anspielungen auf die moderne Genetik) zum Ausgangspunkt einer faszinierenden Zeitreise durch die deutsche Geschichte zu machen, die von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1945 reicht. Der souverän und überaus anschaulich erzählte und fesselnd zu lesende Roman verdient eine breite Empfehlung.
Freigegeben ab 16 Jahren.
Personen: Timm, Uwe
Timm, Uwe:
Ikarien : Roman / Uwe Timm. - 1. Auflage. - Köln : Kiepenheuer & Witsch, 2017. - 505 Seiten ; 21 cm
ISBN 978-3-462-05048-6 fest geb. : EUR 24.00
R 11 - Signatur: R 11 Tim - Belletristik Erw.