Ungewöhnlich aufgebauter Thriller aus dem Quebec der 1990er Jahre. (DR) Océane gehört dem indigenen Volk der Mi'gmac an. An ihrem 15. Geburtstag wird sie Zeugin einer brutalen Razzia durch die Polizei in ihrem Dorf. Sie konfiszieren und zerstören die Fischernetze der Mi'gmacs, die vom Fischfang leben. Einen Tag später findet Ranger Leclerc Océane unweit seiner Hütte im Wald. Bald wird klar, dass sie sich nicht verlaufen hat, sondern auf der Flucht ist vor den Polizisten, die sie vergewaltigt haben. Océane will nicht zurück, zu groß ist ihre Angst vor den Tätern. So holt sich Leclerc Hilfe bei William, einem alten Mi'gmac, der ebenfalls allein in den Wäldern lebt. Bei dem Versuch, Océane zu helfen, geraten die beiden in ein Netzwerk von Mädchenhändlern, in das auch die Polizei verwickelt ist. Was den Thriller ungewöhnlich macht, sind die oft nicht einmal eine Seite langen Kapitel, die einen Einblick in die Geschichte der Kolonisation Kanadas, die Geschichte und Kultur der Mi'gmacs und auch in die Biologie von Lachsen geben. Als Taqawan bezeichnen die Mi'gmacs jene Lachse, die wieder in den Fluss ihrer Geburt heimkehren. Die reportageartigen Einschübe erzählen auch vom langen Kampf der Mi'gmacs um ein selbstbestimmtes Leben. (Erst in den 1960er Jahren erhielten die in Reservaten lebenden Angehörigen der First Nations das Wahlrecht.) Da das Buch in der Schweiz erschienen ist, ist die Rechtschreibung etwas gewöhnungsbedürftig, denn dort hat man sich bereits 2006 vom "ß" verabschiedet. Für alle, die an der Kultur und Lebenswelt indigener Völker interessiert sind, zu empfehlen.
Personen: Plamondon, Èric Thomas, Anne
Plamondon, Èric:
Taqawan / Èric Plamondon. Aus dem Franz. von Anne Thomas. - 1. Deutsche Auflage. - Basel : Lenos-Verl., 2021. - 208 S.
ISBN 978-3-85787-823-7 kart. : Spende
Schöne Literatur - Signatur: Plamo - Buch