Ein beeindruckender Roman über Schuld und Verdrängung, über das Leben in einem Kohlerevier, über zwei Brüder.
Rezension
Ausgangspunkt ist das Grubenunglück am 27. Dezember 1974 auf der Zeche Saint-Amé im Norden Frankreichs. Am Tag vor der Katastrophe fährt der 16jährige Michel mit seinem geliebten großen Bruder Joseph auf einem Moped durch die Stadt. Am Tag darauf kommen 42 Bergmänner ums Leben durch einen fatalen Fehler der Werksleitung. Joseph stirbt 26 Tage später und wird nicht zu den Opfern gezählt. Michel flüchtet nach Paris mit den Worten seines Vaters in den Ohren: "Räche uns an der Zeche!" Denn er hatte seinen Sohn gewarnt vor dem Beruf des Bergmanns. Vier Jahrzehnte später - nach dem Tod seiner Frau - kehrt Michel zurück in seine Heimat und sucht den verantwortlichen Steiger auf, um endlich Rache zu nehmen. Doch am Ende ist alles anders. Besonders packt die Sprache: schlicht, ohne Pathos, aber doch ungemein bewegend. Die ersten düsteren Seiten fallen schwer, man liest sie am besten an einem sonnigen Tag - das tiefe Schwarz der Kohle. Aber dann greifen Spannung und Tiefgründigkeit.
Ein Buch für zugleich politisch und literarisch Interessierte, eine Schreib- und Sprachschule und ein Blick auf unsere westlichen Nachbarn.Rezensent: Volker Dettmar
Personen: Chalandon, Sorj
Chalandon, Sorj:
Am Tag davor : Roman / Sorj Chalandon. Dt. von Brigitte Große. - München : Dt. Taschenbuch Verl., 2019. - 315 S. ; 22 cm. - Aus d. Franz.
ISBN 978-3-423-28169-0 geb. : EUR 23.00
Romane, Erzählungen, Dramen, Lyrik, Sammlungen - Signatur: Cha - Buch