Polit-Krimi: 1920 in Leipzig angesiedelt um den Kriegsheimkehrer Inspektor Paul Stainer.
Rezension
Stainer kehrt mit einer posttraumatischen Belastungsstörung aus der französischen Kriegsgefangenschaft zurück. Er leidet an Schlafstörungen und Alpträumen, er schafft es wieder in den Polizeidienst zu kommen, gefährlich kann ihm einer der Ärzte aus dem Lazarett werden, der jetzt als Pathologe in Leipzig arbeitet. Gleich sein erster Fall hat es in sich, der vorliegende Suizid ist keiner, prompt taucht das Muster in einem weiteren "Selbstmord" auf. Je tiefer er nachforscht, erkennt er bald Zusammenhänge, immer wieder stößt er auf den Begriff "Roter Judas", spätestens nach einem Einbruch mit mehreren Morden wird die politische Dimension deutlich. Mit allen Mitteln wollen ehemalige Reichswehrangehörige verhindern, dass eine Militäroperation von 1914 in Dinan in Belgien, die völlig aus dem Ruder gelaufen ist, an die Öffentlichkeit gelangt und verfolgt wird. Die Beteiligten schrecken dabei auch nicht vor Mord zurück. Die Rückkehr zu Stainers Frau läuft auch nicht rund. Seine Frau Edith hat nach Jahren des Wartens einen neuen Partner gefunden und bittet um die Scheidung. Es wird ein sehr spannendes Finale, die zeitgeschichtlichen Hintergründe, wie das Aufkommen der ersten "Rechten" werden sehr gut vermittelt, der Autor zeigt eine unheimliche Detailkenntnis. Leipzig in den 20er Jahren wird greifbar, die Weimarer Republik plastisch. Die Personen sind differenziert beschrieben, das Straßenbahnfahren ist durch die Schaffnerin König perfekt erlebbar und runden das Ganze gut ab. Auch das Elend der versehrten Kriegsheimkehrer bleibt nicht außen vor.
Ein spannender und kenntnisreicher rundum gelungener geschichtlicher Kriminalroman, anbetracht mancher heutiger Entwicklungen für Büchereien aller Größe.Rezensent: Martin Ertz-Schander
Personen: Ziebula, Thomas
Ziebula, Thomas:
Der rote Judas : Kriminalroman / Thomas Ziebula. - Hamburg : Wunderlich, 2020. - 478 S. ; 21 cm
ISBN 978-3-8052-0006-6 geb. : EUR 20.00
Romane, Erzählungen, Dramen, Lyrik, Sammlungen - Signatur: Zie - Buch