Aigner, Christoph Wilhelm
Die schönen bitteren Wochen des Johann Nepomuk Roman
Buch

Geschichte eines Siebzehnjährigen, der durch Fußball, Liebe und Literatur den Weg aus einem bedrückenden Milieu findet.


Rezension

Der Ich-Erzähler, Mitte 20, berichtet von entscheidenden Wochen vor sieben Jahren: Die Kindheitsmisere mit der brutalen Gewalt des Vaters, inzwischen abgelöst vom Psychoterror der verlassenen Mutter, hat den Jungen geprägt, aber nicht zerstört. Er ist ein Fußballtalent und schuftet - auch nachts - für seine und der Mutter Existenz und den Luxus seines Gymnasiumsbesuchs. Die Begegnung mit einer behinderten jungen Frau, deren Vergewaltigung er verhindert, verändert sein Leben. Durch sie lernt er die Liebe kennen, erfährt Verständnis für sein heimliches Kunstinteresse, begegnet Gedichten. Eine Schlägerbande, die offensichtlich nichts zu fürchten hat, bedroht ihn und Mariella. - Die Geschichte spielt im provinziellen Österreich zu Beginn der 70er Jahre. Mit den Themen Leid, Mitleid, Liebe, Gewalt - diese auch als Nachwirkung des Krieges - und anderen thematischen Aspekten (z.B. veraltete Pädagogik, antijüdische Parolen) ist sie überfrachtet. Auch die Figur der Mariella als Unfall- und Vergewaltigungsopfer und Tochter eines jüdischen KZ-Überlebenden wirkt überladen. Zudem werden viele die jugendlich-rüde Sprache mit reichlich Kraftausdrücken als Zumutung empfinden. Doch das überambitionierte Buch zeigt einen begabten Erzähler, der ein glaubwürdiges Charakterbild zeichnet und eindrücklich Liebe und Poesie der nackten Gewalt gegenüberstellt. Es verdient, gelesen zu werden.

Geübten, aufgeschlossenen LeserInnen gern empfohlen.

Rezensent: Irmgard Schmidt-Wieck


Personen: Aigner, Christoph Wilhelm

Schlagwörter: Selbstfindung Jugend 20. Jh.

Aigner, Christoph Wilhelm:
Die schönen bitteren Wochen des Johann Nepomuk : Roman / Christoph Wilhelm Aigner. - 1. Aufl. - München : Dt. Verl.-Anst., 2006. - 441 S. : 22 cm
ISBN 978-3-421-05957-4 geb. : EUR 19.90

Zugangsnummer: 0002/1176
Romane, Erzählungen, Dramen, Lyrik, Sammlungen - Buch