Historischer Roman über die Auflösung und Umlegung des eng gewordenen Zentralfriedhofs im Paris des 18. Jahrhunderts.
Rezension
Der junge und unbeholfene Ingenieur Jean-Baptiste Baratte, aus der Normandie stammend, erhält den Auftrag, den 'Friedhof der Unschuldigen', dessen Verwesungsdünste allmählich das Stadtzentrum vergiften, zu verlegen. Eine Arbeitertruppe aus Flandern gräbt unter Barattes Leitung die Massengräber der Armen und die Mausoleen der Reichen aus, stapelt die Gebeine zu Knochenmauern und karrt sie dann weg, in die Katakomben von Paris. Die sozialen Bedingungen des ancien regime bilden den realistischen Hintergrund des Romans, das Wetterleuchten der Aufklärung, besonders der Bezugspunkt Voltaire, den ideellen. Religiöse Bindung, die Aura des Aberglaubens und das Geheimnis der nächtlichen Arbeit erzeugen eine düster-unheimliche Atmosphäre, die durch urmenschliche Erfahrungen wie Freundschaft und Liebe erträglich wird. Dies ist ein kenntnisreicher, mäßig spannender Roman, der durch seinen Detailreichtum aber immer interessant bleibt.
Für Leser, die sich für bisher meist übergangene Aspekte von Geschichte und 'Stadtentwicklung' erwärmen können.Rezensent: Hans-Wolfgang Schaller
Personen: Miller, Andrew
Miller, Andrew:
Friedhof der Unschuldigen : Roman / Andrew Miller. Dt. von Nikolaus Stingl. - Wien : Zsolnay, 2013. - 380 S. ; 21 cm. - Aus d. Engl.
ISBN 978-3-552-05644-2 geb. : EUR 21.90
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