Warum Höflichkeit im 21. Jahrhundert nichts mit Etikette zu tun hat. Ein Streifzug durch tradierte Höflichkeitsformen.
Rezension
Rainer Erlinger, u. a. bekannt als Autor der beliebten Kolumne "Die Gewissensfrage" im Magazin der Süddeutschen Zeitung befaßt sich in den unterschiedlichsten Lebensbereichen mit den Formen der Höflichkeit. Er untersucht tradierte Umgangsarten, stellt ihre ursprüngliche Aussage, dem anderen gegenüber Respekt zu zollen in Frage, entlarvt die Unechtheit dieser Etikette als häufig praktizierte Farce. Er differenziert u. a. zwischen dem Aufhalten der Tür über das Kompliment (hier bezeichnet als "Höflichkeit der Lüge"), benennt das Duzen als negativ und Distanz aufhebend, dokumentiert Höflichkeit als Wert einer wertlosen Tugend. Dabei lässt er die zwischenmenschliche Kommunikation nicht unberücksichtigt, denn, lt. Watzlawik, der hier zitiert wird, "kann man nicht NICHT kommunizieren". Anspruch des Literaten ist ein besseres Verständnis untereinander mit der Empfehlung, etwaige Zurückhaltung zu Klärungstendenzen mutig aufzugeben. Eine kluge Auseinandersetzung mit dem, was die Gesellschaft im Innersten zusammenhält, und ein so unterhaltsames wie anregendes Buch.
Intelligente, polarisierende Lektüre, speziell-detailliert in Anliegen und Aussage. Bestens geeignet für "Fachsimpler" in besonderem Kreis.Rezensent: Brigitta Morgenstern
Personen: Erlinger, Rainer
Erlinger, Rainer:
Höflichkeit : Vom Wert einer wertlosen Tugend / Rainer Erlinger. - Frankfurt : Fischer, 2016. - 351 S. ; 21 cm
ISBN 978-3-10-017028-6 geb. : EUR 19.99
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