Thimm, Carola
Mein Leben ohne mich Wie ich fünf Jahre im Koma erlebte
Buch

Nach fünf Jahren im Wachkoma kämpft sich Carola Thimm zurück ins Leben.


Rezension

Sie ist 36 Jahre alt und nach langem Warten endlich schwanger, als in ihrem Kopf ein Aneurysma platzt und Carola Thimm in ins Wachkoma fällt. Für sie und für ihre Familie beginnt damit eine lange Zeit des Kampfes, des Wartens und des Hoffens. Nach fünf Jahren geschieht das, was Carolas Mutter, getragen von einer christlichen Grundhaltung, als ein Wunder bezeichnet: Carola zeigt zunehmende Zeichen des Bewusstseins. Mit viel Geduld und Zähigkeit, der Hilfe vieler Therapeuten und vor allem der unermüdlichen Zuwendung ihrer Mutter gelingt es ihr, wieder in ein aktives,eigenständiges Leben zurückzufinden. Die Geschichte wird chronologisch berichtet. Naturgemäß hört der Leser nur zu Beginn sowie in der zweiten Hälfte Carola Thimms eigenen Worte. Weite Teile der Ereignisse werden aus den Perspektiven der Mutter, der Schwester sowie beteiligter Therapeuten und Pfleger geschildert. Der Leser kann die vielen kleinen Schritte und Anstrengungen mitverfolgen, die nötig sind, um aus einem solchen Wachkoma wieder in Leben zurückzukommen. Deutlich wird, wie sehr eine solche Ausnahmesituation, die sich über Jahre hinzieht, das Lebensumfeld vieler Menschen verändert. Wir sehen an Carola Thimmas Mutter, wie alles, was rundherum geschieht, im Privaten wie im öffentlichen Leben, relativiert oder ausgeblendet wird. Carola Thimm selbst ist mit ihrer Geschichte bewusst an die Öffentlichkeit gegangen. Wie sie in Interviews sagt, will sie anderen Mut machen und Hoffnung vermitteln, die sich in ähnlichen Situationen befinden oder damit zu tun haben. Das ist ehrenwert. Das Buch hat aber eine Vielzahl gravierender literarischer Mängel. So ist z.B. die Perspektive sehr problematisch. Die Patientin selbst schreibt natürlich in der Rückschau, dies wird aber wie ein Tagebuchbericht formuliert. Dadurch entstehen zahlreiche Unstimmigkeiten und logische Brüche. Darüber hinaus ist die die Auswahl der Erzählstimmen ist sehr einseitig. Nicht jeder im Umfeld von Carola Thimm hat mit solchem Optimismus an ihre Heilung geglaubt und daran festgehalten. Es wäre gut und richtig gewesen, auch die Stimmen der Personen zu hören, die wie der Ehemann ihr Leben anders ausgerichtet haben. Letztlich ist der Stil sehr bemüht, die Erzählweise sehr einfach mit vielen Redundanzen. Was als mündlicher Bericht einer starken Frau, die eine schwere Krise überwunden hat, sicherlich bewegend ist, ist als Buch langatmig und letztlich nichtssagend. Eine tiefere Reflektion über z.B. den diffusen Grenzbereich zwischen Leben und Tod fehlt.

Fazit: Eine bewegende Geschichte, die als Lebensbericht in einem journalistischen Medium (Vorabdruck im Stern) gut und richtig ist. Als Buch, das eine längere Halbwertszeit und einen gewissen literarischen Anspruch haben sollte, nicht empfehlenswert.

Rezensent: Birgit Schönfeld


Personen: Thimm, Carola

Schlagwörter: Lebensbericht Wunder Wachkoma

Thimm, Carola:
Mein Leben ohne mich : Wie ich fünf Jahre im Koma erlebte / Carola Thimm mit Diana Müller. - Ostfildern : Patmos, 2015. - 240 S. ; 23 cm
ISBN 978-3-8436-0570-0 geb. : EUR 19.99

Zugangsnummer: 2014/2026
Lebensbilder, Briefe und Tagebücher einzelner Personen - Buch