Seit seinem ersten Atemzug ist das Findelkind ein Außenseiter. Die Auflehnung gegen diese Rolle hat einen sehr hohen Preis.
Rezension
Ein rückständiges Dorf auf einer kleinen Insel der Neuzeit. In einer schaurigen Nacht findet man ein elternloses Baby. Das Gesetz verbietet, dass es einen Namen bekommt. Nicht nur die Kinder drangsalieren es, der Lehrer vergreift sich an ihm. Wie alle Frauen darf die Kleine weder lesen noch schreiben lernen. Außerdem wird ihr die Schuld an jedem Unglück zugeschoben. Sie wächst zu einer 16-Jährigen heran und geht in die Opposition. Verstohlen lernt sie, nimmt sich einen heimlichen Liebhaber und muss teuer dafür bezahlen. Ihr ungeborenes Kind verleiht ihr ungeheure Kraft für die Rache an der patriarchalischen Diktatur. Die Autorin, sie liest ihren Roman gekonnt selbst vor, wählte die Form des Totenlieds (Miroloi) für den Weg der geschundenen und von angeblich Heiligen Regeln klein gehaltenen Hauptfigur. Schon deshalb geht das Debüt unter die Haut, zwingt zum Innehalten und Nachdenken und wird ganz sicher kontrovers diskutiert. Der Roman steht auf der Longlist des Deutschen Buchpreises 2019.
Ein emotional fordernder Roman, der stilistisch weitgehend anspruchsvoll ist (irritierend-langatmige Aufzählungen einmal ausgenommen) und noch lange nachhallt. Keine leichte Lektüre.Rezensent: Martina Mattes
Personen: Köhler, Karen
Köhler, Karen:
Miroloi : Ungekürzte Autorinnenlesung / Karen Köhler. - Bochum : Roof Music, 2019. - 2 mp3-CDs ; 673 Min.
ISBN 978-3-86484-595-6 25,00 EUR
Romane, Erzählungen, Dramen, Lyrik, Sammlungen - Signatur: Köh - CD