Walser, Martin
Muttersohn
Buch

Percy hat keinen Vater gebraucht, um auf die Welt zu kommen und auch sonst verbindet ihn viel mit dem Menschensohn.


Rezension

Hat Martin Walser einen Jesusroman geschrieben? Obwohl seine Hauptperson Percy von eher untersetzter Statur ist, bewegt er sich tänzerisch - wie ein Engel ohne Flügel. Er ist keusch und kann überredet werden, Predigten zu halten. Nur was ihm der Moment eingibt, kommt ihm dann über die Lippen. Seine Zuhörer sind verzaubert. Beruflich ist er Pfleger in einer Heilanstalt, und mit seinen Patienten geht er lange im Kreis und schweigt viel. Auch spricht er mit den Kranken im Zweierchor Sätze von Augustin, Tauler und Seuse nach. Das Wirken dieses Mannes beschreibt Walser aus mehreren Perspektiven. Zum Schluss wird er Opfer einer Motorradgang, dessen Gründer sein Patient war. An Anton Percy Schlugens Beerdigung haben Tausende teilgenommen. Er selbst nannte sich den Fürsten der Freundlichkeit. Es ist seltsam zu sehen, wie Martin Walser sich an diesen religiösen Themen und Texten entlang hangelt, ohne tiefer einzusteigen, aber ohne auch davon loszukommen.

Ein wichtiger Gegenwartsschriftsteller, der eher als Sezierer bekannt ist, versucht sich an einem Entwurf eines göttlichen Menschen und bleibt dabei natürlich skeptisch.

Rezensent: Frank Hiddemann


Personen: Walser, Martin

Schlagwörter: Literatur Mutter Jesus Christus Psychiatrie

Walser, Martin:
Muttersohn / Martin Walser. - 1. Aufl. - Reinbek : Rowohlt, 2011. - 504 S. ; 21 cm
ISBN 978-3-498-07378-7 geb. : EUR 24.95

Zugangsnummer: 0002/9290
Romane, Erzählungen, Dramen, Lyrik, Sammlungen - Buch