Charakterstudie eines Spitzenpolitikers.
Rezension
Franz Xaver Misslinger hat es bis zum Generalsekretär seiner liberalen Partei geschafft und will noch weiter nach oben. Wie sein Werdegang ihn deformiert hat, arbeitet der Autor treffend heraus. Publizist Augstein ist dem breiteren Publikum durch die brillanten TV-Politik-Battles mit seinem Kollegen Nikolaus Blome bekannt und zeigt in seinem Roman-Erstling, wie einsam, getrieben und berechnend Politiker sein können. Er schildert Misslinger als exzellenten Redner und auch dessen Abhängigkeit von einem Parteigranden. Er lässt ihn dann aber bei einem USA-Urlaub mit seiner Tochter (inkl. eines alles verändernden Ausflugs nach Montauk - Max Frisch lässt grüßen) aus der Spur geraten. Auch wenn Zeitsprünge den Text komplexer als nötig machen, liest er sich flüssig. Auflockernde Elemente sind realistische E-Mail-Dialoge und (unzitierte) Songtexte. Wie der zunehmend unter Tabletteneinfluss stehende Protagonist baut der Roman aber zum Ende hin, weil er diffuser statt prägnanter wird, etwas ab.
Da weder Titel noch Titelbild den Inhalt erahnen lassen, muss das Werk den an deutscher Gegenwartsliteratur Interessierten, besonders empfohlen werden.Rezensent: Tobias Behnen
Personen: Augstein, Jakob
Augstein, Jakob:
Strömung : Roman / Jakob Augstein. - Berlin : Aufbau, 2022. - 301 S. ; 22 cm
ISBN 978-3-351-03949-3 geb. : EUR 22.00
Romane, Erzählungen, Dramen, Lyrik, Sammlungen - Signatur: Aug - Buch