Erwachsenwerden zwischen zwei Kulturen.
Rezension
Ihre Mutter träumte als junge Frau von Freiheit, Weiterkommen und einem guten Leben. Also sind das auch die Träume der Ich-Erzählerin. Wenn die Mutter bei der Beerdigung der Großmutter in China nicht weint, ist es in Ordnung, dass sie selbst auch nicht weint, obwohl sie sehr an ihrer Großmutter hing. Die Mutter hat China als erwachsene Frau legal durch Heirat verlassen, die Tochter ist in Deutschland geboren. Besuche in China finden selten statt, aber hinterlassen bei Lin starke Eindrücke: Bilder vom Leben der Familie, vom Alltag oder von Feiern. Ihre Mutter ist ihr Kompass zwischen den Kulturen. Das schafft große Nähe, aber auch Abhängigkeit. Sie lebt - nicht nur in ihren Träumen - in beiden Kulturen und Sprachen. Manchmal bekommt sie die Welten nicht zusammen. Ein leiser, zärtlicher Roman, der Migration eher als innere Bewegung erzählt, als Aneignung und Distanzierung, als Verbundenheit und Ablösung, vor allem auch von der Mutter, bis der eigene Standort im Dazwischen gefunden ist.
Eine eigene Farbe in den Geschichten über die Auswirkungen von Migration, die das Versöhnende betont, aber auch die damit verbundene eigene Auseinandersetzung. Gerne anschaffen!Rezensent: Angelika Barth
Personen: Hierse, Lin
Hierse, Lin:
Wovon wir träumen : Roman / Lin Hierse. - München : Piper, 2023. - 237 S. ; 19 cm
ISBN 978-3-492-31957-7 kt. : EUR 12.00
Buch