Chang, Pei-Yu
Der geheimnisvolle Koffer von Herrn Benjamin
Buch

Quelle: 1000 und 1 Buch (http://www.1001buch.at/); Autor: Ines-Bianca Vogdt; Shhhh...streng geheim! beschwörend legt der lockige Herr mit dem schwarzen Zylinder den Zeigefinger seines Händchens an unsichtbare Lippen. Ist er ein Zauberer? Was verschweigt er uns? Was verrät sein Zwinkern hinter der goldenen Brille? Lächelt er unter dem breiten Schnurrbart? Mit großer Plastizität tritt sein Brustbild aus dem samtigen, zitronengelben Cover hervor. Sanft und kristallklar, umschwebt von beziehungsvollen Etiketten und Aufklebern. Hier das Namensschild der Autorin Pei-Yu Chang, dort als Eintrittskarte getarnt , der Name des Verlages, rotgepunktete Papierblumen, Miniaturlandschaften, eine Ananas, auch die Rückseite ist übersät von Bildchen: ein Wachsoldat, ein springendes Spielzeugpferd und zahllose Gepäckaufkleber. Das große Buch ist ein einziger Koffer! Wir öffnen ihn und versuchen, die hellbraunen Stoffriemen auf der Einbandinnenseite aus ihren Schnallen zu lösen. Wir scheitern, denn sie sind gemalt. Überall vereint die Künstlerin die widersprüchlichen Facetten von Walter Benjamin. Ernst und Schalk, Kindliches und Artistisches. Größe und Unbeholfenheit. Seine Fähigkeit, winzigste Details wahrzunehmen und in grenzenloser Weite mit der Realität zu spielen. Dass Ideen und Geschichten so wertvoll sind wie Himbeermarmelade oder fliegende U-Boote, ist Kindern natürlich klar. Und wenn jemand einen ganzen Koffer davon hat, besitzt er einen Schatz, das ist sicher. So ein Schatzhauser ist Herr Benjamin. Leidenschaftlich umklammert er seinen dicken roten Koffer und schleppt ihn über Berg und Tal. Nein, den lässt er sich nicht entreißen, und koste es das Leben. Pu-Yei Chang betrachtet den radikalen Endpunkt im Leben des Dichters und Philosophen Walter Benjamin. Seit Jahren ist er auf der Flucht vor der Gestapo. Mit einem Visum für die USA in der Tasche folgt er im September 1940 Lisa Fittko, einer österreichischen Widerstandskämpferin, über steile Gebirgspfade an die französisch-spanische Grenze. Seinen schweren Aktenkoffer gibt er auf der anstrengenden Tour trotz seiner Herzschwäche niemals aus der Hand. Politik und Geschichte in einem Bilderbuch? Einem richtigen, schönen Bilderbuch? Geht das? Ja, Chang gelingt es. Ob es die zarten Schraffuren sind, die wolligen Kräusel, die kühnen Piktogramme? Oder die Schattierungen von Rot und Blau? Das Karo der 40er Jahre? Hier und dort sind Figuren und Objekte ausgeschnitten und aufgeklebt, das verleiht den doppelseitigen Bildern unerwartete Tiefe, oder Aura, wie Benjamin sagen würde. Nicht nur diese Collagentechnik erinnert an die Zeit brutaler Verfolgungen in Europa, auch in Architektur und Figurengestaltung lässt die Künstlerin Elemente von Expressionismus und Surrealismus einfließen. Herr Benjamin verschwindet, sein Manuskript geht verloren, doch die junge Künstlerin aus Taiwan zeigt uns den blauen Thronsessel, auf dem er Zylinder und Zauberstab zurückgelassen hat. Vielleicht ahnt sie, was in dem Koffer war: etwa eine fertige Fassung von Berliner Kindheit um Neuzehnhundert? Dieses Spätwerk enthält magische Wendungen wie: ... Denn niemals war der liebe, lange Tag mir lieber, niemals länger, als wenn der Regen mit seinen feinen oder groben Zähnen ihm langsam Stunden und Minuten strähnte. So folgsam wie ein kleines Mädchen beugte er den Scheitel unter diesen grauen Kamm. Und unersättlich sah ich ihm dann zu. Ich wartete. Nicht bis er nachließ. Sondern dass es mehr und immer üppiger herunterrauschte. Ich hörte es an die Scheibe trommeln, aus den Traufen strömen und gurgelnd in die Abflussrohre niederrauschen. Im guten Regen war ich ganz geborgen. Ein kongeniales Kunstwerk ist dieser geheimnisvolle Koffer, den Chang allen Menschen widmet, die aus ihrem Land flüchten müssen. ---- Quelle: LHW.Lesen.Hören.Wissen (http://www.provinz.bz.it/kulturabteilung/bibliotheken/320.asp); Autor: Martina Koler; Dieses großformatige Bilderbuch erzählt weit mehr als die Flüchtlingsgeschichte eines der größten deutschen Gelehrten des 20. Jahrhunderts - Walter Benjamin. Es zieht Erwachsene und Kinder gleichermaßen in den Bann, ausgehend von einem geheimnisvollen Koffer, der selbst in der Geschichtsschreibung bis heute ein Rätsel geblieben ist. Auch wenn dieser Koffer im Vor- und Nachsatz des Bilderbuchs - mit gestreiftem Futter, Bändern und Schnallen ausgestattet - leer dargestellt wird, so erfahren wir bald, dass es eigentlich um seinen mysteriösen Inhalt geht. Wie viele andere Menschen war auch Benjamin gezwungen, 1940 aus dem Pariser Exil vor den Nazis zu fliehen. Mit Hilfe der österreichischen Widerstandskämpferin Lisa Fittko begab er sich mit Gleichgesinnten auf den beschwerlichen Weg über die Pyrenäen. Benjamin trug einen schweren Koffer bei sich, den er um jeden Preis mitnehmen wollte. In anschaulichen, doppelseitigen Bildern fängt die chinesische Illustratorin Pei-Yu Chang - die mit diesem Buch ihre Abschlussarbeit an der Fachhochschule für Illustration in Münster präsentiert - die Stimmung der dargestellten Zeit und vor allem der agierenden Figuren meisterhaft ein. Sie bedient sich dabei verschiedenster Techniken und collagiert einfache Bildelemente geschickt und überaus vielsagend. Besonderes Augenmerk legt sie auch auf Typographie und Layout und gestaltet die Textelemente so, dass selbst diese als Stimmungsanzeiger dienen. Der in sparsamen Worten erzählte Text bleibt bis zum Schluss spannend und animiert gleich wie die aussagestarken Illustrationen zum Weiterblättern. Was wirklich in Benjamins Koffer war, bleibt auch im Buch ein Rätsel, über das Philosophen, Gelehrte, Nationalsozialisten und auch einfache Menschen damals diskutiert hatten. Gerade auf diesen Seiten bleibt viel Platz für die Ideen der Kinder, die sich so - und das ist mit Sicherheit eines der Anliegen der Künstlerin - in die Zeit des Walter Benjamin, aber eben auch in die Köpfe, Stimmungen und Ideen heutiger Flüchtlinge hineindenken können. Ein Kunstwerk, das geschichtliche Ereignisse mit aktuellem Geschehen verbindet und seinesgleichen sucht. ---- Quelle: Unsere Kinder (http://www.unserekinder.at/); Autor: Anna K. Altzinger; Dieses Buch erzählt die Fluchtgeschichte Walter Benjamins, eines der einflussreichsten Philosophen des 20. Jahrhunderts und könnte aktueller nicht sein. In vielen Facetten wird hier das Erlebnis der Flucht kindgerecht aufgegriffen. Eine Flucht bedarf helfender Hände. So hilft Frau Fittko vielen Menschen, die Grenze sicher zu überqueren. Doch wie verhält man sich bei einer Flucht? Unauffällig - was Herrn Benjamin nicht leichtfällt, da er einen großen, schwarzen Koffer mitgebracht hat. Als dem Rest der Gruppe die Flucht gelingt, bleibt Herr Benjamin zurück. Er verschwindet und mit ihm auch sein geheimnisvoller Koffer ... Was sich wohl darin befand? Die einen meinten, "50 Dosen Marmelade von seiner Oma", andere aber waren sich sicher, "die beste philosophische Idee aller Zeiten!" war in diesem Koffer. Collagenartige Bilder illustrieren nicht nur die Geschichte, sondern erzählen sie weiter. Wer mit Kindern das Thema Flucht erarbeiten möchte, sollte unbedingt zu diesem Buch greifen! Die Autorin schafft Freude an Toleranz und Vielfalt. Gleichzeitig findet Pei-Yu Changs liebevoll und feinfühlig verfasster Text einen Zugang, der das Thema in seiner Ernsthaftigkeit anspricht, für das Kind erträglich bleibt und begreifbar ist.


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Personen: Chang, Pei-Yu Benjamin, Walter

Schlagwörter: wahre Begebenheit Flucht

JD Cha

Chang, Pei-Yu:
Der geheimnisvolle Koffer von Herrn Benjamin / Pei-Yu Chang. Nach einer wahren Geschichte über Walter Benjamin. - Zürich : NordSüd Verl., 2017. - [22] Bl. : überw. Ill.
ISBN 978-3-314-10382-7

Zugangsnummer: 31023
Kinderverse, Bilderbücher - Buch