Quelle: bn.bibliotheksnachrichten (http://www.biblio.at/literatur/bn/index.html) Autor: Simone Klein; Die Erfahrungswelt eines Inselbegabten. (PP) Wenn jemandem eine Form von Autismus attestiert wird, so wird er oder sie nach der ICD-10 diagnostiziert und gilt sodann als krank. Daniel Tammet belehrt uns eines Besseren: Autist, im konkreten Fall ein infolge des Asperger-Syndroms "Inselbegabter" zu sein, heißt zwar, nicht in eine aus rein wirtschaftlichen Interessen geprägte Norm eines gesunden Menschen zu passen, dafür aber mit sehr außergewöhnlichen Fähigkeiten aufwarten zu können. Inselbegabte leben in der paradoxen Situation, zu unglaublichen geistigen Leistungen fähig zu sein, die aber verkümmerten sozialen Fähigkeiten gegenüberstehen. So kann Tammet z. B. keine Mimik deuten, dafür lernt er neue Sprachen in nur einer Woche und hat einen eigenen Zugang zur Welt der Zahlen als "numerischen Visualisierungsprozess". Tammet macht uns nicht nur mit Erkenntnissen aus Linguistik, Psychologie und Neurobiologie zum Phänomen des Asperger-Syndroms vertraut, sondern lässt uns vor allem an persönlichen Erlebnissen und Reflexionen teilhaben. Für vom Autismus nicht betroffene, reine Theoretiker wie Oliver Sacks scheint Tammet nicht allzu viel übrig zu haben, denn er wirft ihnen sicher nicht zu Unrecht genau das vor, was jene den Autisten ständig attestieren: Mangel an Empathie und der Fähigkeit, konkrete Zusammenhänge zu verstehen. Zwar kann man nicht, wie der deutsche Untertitel werbewirksam verspricht, direkt von Tammet lernen, sich aber schon einmal eines zu Herzen nehmen: Gehirne von Insel- und Normalbegabten funktionieren offenbar ähnlich, bei Ersteren liegt nur ein größeres Gefälle zwischen den einzelnen Begabungen vor.
Personen: Tammet, Daniel Klostermann, Maren
PP.Y Tam
Tammet, Daniel:
Wolkenspringer : von einem genialen Autisten lernen / Daniel Tammet. Aus dem Engl. von Maren Klostermann. - Düsseldorf : Patmos, 2009. - 319 S.
ISBN 978-3-491-42116-5
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