Geest, Simon van der
Dysseus
Buch

James Joyce, Jean-Luc Godard, Stanley Kubrick und Simon van der Geest. Der niederländische Autor gesellt sich in die illustre Runde jener, die Homers Epos auf originelle Weise adaptiert, umgeformt und/oder mit neuer Bedeutung fortgeschrieben haben. Mit der Vorsilbe „Dys-“, die auf dem Cover in Griechisch anmutenden Buchstaben ausgeführt wird, der Sportjacke, den zerrissenen Shorts und den Chucks des vermeintlichen Titelhelden, lässt van der Geest keinen Zweifel daran, dass man es auf den folgenden 123 Seiten mit einer „Abweichung“ zu tun hat. Die erwachsenen Leser_innen werden das Buch auf den ersten Blick als Parodie auf das kulturprägende Meisterwerk entlarven, die kindliche Zielgruppe darf sich unvoreingenommen auf ein rasantes Abenteuer mit einer ordentlichen Portion Furzhumor freuen. Neben der Zusammenführung der Homer‘schen Struktur samt lyrischer Form mit Jan Juttes zeitloser Illustration, zeichnet sich „Dysseus“ durch eben jene, gewagte Überlagerung von Altem und Neuem, von altem, griechischem Mythos und Problematiken der Pubertät aus. Es wird gespuckt, geprügelt, geflucht und so kindlich-jugendliche Handlung mit einer uralten Erzählung verwoben. Die lyrischen Zeilen, die wesentlich kürzer als bei Homer für reichlich Tempo sorgen, unterstützen dabei die zeitgenössische Geschwindigkeit der Jugend. Rolf Erdorf sorgt in der Übersetzung aber auch im Text gekonnt für Dissonanzen und setzt Reime nur behutsam ein, wodurch ein rauer und nicht lieblicher Ton entsteht, der der gefährlichen Abenteuerreise ebenso entspricht wie die sich auf das Wesentliche konzentrierenden Illustrationen. Jan Jutte setzt immer wieder antike Reliefs in die orange-grau-weiß-schwarzen Bilder und lässt so die Mythenwelt als Freibadtoilettenkritzelei wie nebenbei in Dysseus’ Erzählung eindringen. Es bleibt aber keinesfalls bei Lackmarkermalerei, indem etwa die Figurationen der Gegner an antike Vasenkunst angelehnt ist oder durch die Absage an realistische Proportionen oder Perspektiven Emotionen verbildlicht werden. Am Ende ist Dysseus gereift und die Pubertät zu einem derben wie wortgewaltigen Abenteuer geworden: „Dysseus heiße ich / das ist mein Name / habt ihr das endlich gefressen?“


Dieses Medium ist verfügbar.

Personen: Geest, Simon van der

Leseror. Aufstellung: Lesesommer 2018

Geest, Simon van der:
Dysseus / Simon van der Geest. Mit Bildern von Jan Jutte. Aus dem Niederländ. von Rolf Erdorf. - Stuttgart : Thienemann, 2017. - 123 S. : zahlr. Ill.
ISBN 978-3-522-18472-4 : fest geb. :

Zugangsnummer: 2018/0064 - Barcode: 2-2041233-1-00003124-0
Kinderbücher für Kinder zwischen 8 und 12 Jahren - Signatur: K Gees - Buch