Doron, Lizzie
Es war einmal eine Familie
Buch

Manchmal geschieht es, dass ich in der Bücherei ein Buch zur Hand nehme, obwohl es nicht auf der "Aktuell"-Auslage liegt, und ich nicht gezielt danach suche, dass sich dieser zufällige Griff als Glücks-griff erweist.
So auch bei dem Buch von Lizzie Doron "Es war einmal eine Familie":
Lizzie Doron hält 1990 sieben Tage lang Totenwache, die Schiwa, für ihre Mutter in deren Wohnung in Tel Aviv. Ich weiß nicht viel über jüdische Gebräuche; ich weiß aber einiges über die Verfolgung und Ermordung der Juden in der Zeit des Nationalsozialismus. Diese beiden Themen werden in diesem Buch miteinander verwoben.
Der jüdische Brauch will es, dass die Familie sieben Tage lang in der Wohnung um den verstorbenen Menschen trauert. Es gibt aber im Fall der Mutter und ihrer Tochter, der Ich-Erzählerin, keine Familie mehr, weil alle in der Schoah umgekommen sind.
Viele Menschen, die die Ich-Erzählerin lange nicht gesehen hat, erscheinen nach und nach in der Wohnung zum Trauern. Zu den Menschen, die zum Trauern kommen, fällt der Tochter, die sie bewir-tet, ein, was sie jeweils mit ihnen in ihrer Kindheit verbunden hat oder was die Mutter einst über sie erzählte. Über sich selbst hat die Mutter nicht viel erzählt, und so nutzt die Tochter die Gelegenheit, die Besucherinnen und Besucher nach dem Leben ihrer Mutter zu fragen.
Alle diese Menschen sind beschädigt. Alle tragen, ebenso wie die Mutter, die sich oft seltsam verhielt, die Wunden der Vergangenheit in sich. Und so entsteht ein Bild der grauenhaften Folgen des Holo-caust bis in die nächste und übernächste Generation hinein.
Trotz des bedrückenden Themas ist das Buch nicht ohne feinen Humor, etwa wenn die zwei Frauen, die zuerst zur Schiwa in der Wohnung erscheinen, und die der Ich-Erzählerin lästig sind, als jentes, als Klatschbasen bezeichnet werden. Und es ist spannend zu lesen, wie nach und nach, innerhalb der sieben Tage nämlich, ein facettenreiches Bild all der Menschen entsteht, die der Mutter zugehörig waren, der Umstände, unter denen sie nach dem Krieg gelebt haben, und schließlich ein Bild der Mutter selbst.

Ellen Klandt für das Büchereiteam


Dieses Medium ist verfügbar. Es kann vorgemerkt oder direkt vor Ort ausgeliehen werden.

Personen: Doron, Lizzie

Interessenkreis: alte Schätzchen

Doron, Lizzie:
Es war einmal eine Familie / Lizzie Doron. - Frankfurt am Main : Jüdischer Verlag im Suhrkamp Verlag, 2009. - 142 S.
ISBN 978-3-633-54235-2 : EUR 16,80

Zugangsnummer: 2009/0165 - Barcode: 2-3111140-7-00006632-7
Romane, Erzählungen - Signatur: Dor - Buch