Eugen Ruge kennt man als Autor von Romanen, in denen er das Schicksal seiner deutsch-russischen Familie schildert ("In Zeiten des abnehmenden Lichts", "Metropol"). In "Pompeji" widmet er sich der Zeit kurz vor Ausbruch des Vesuvs im Jahre 79, in dessen Folge Pompeji und das Umland komplett zerstört wurden und ca. 2000 Menschen ums Leben kamen.
Die Hauptfigur Josse, ein lebhafter Junge aus ärmlichen Verhältnissen, wissensdurstig und anpassungsfähig, lauscht den Ausführungen eines Wissenschaftlers über die Anzeichen des bevorstehenden Vulkanausbruchs. Mit Gleichgesinnten siedelt er zur Sicherheit in eine Art Kommune ans Meeresufer um und versucht, die nahende Katastrophe publik zu machen, um die Menschen zu schützen. Dabei stößt er auf Unglauben und Widerstände, verfängt sich allmählich im Sog von Reichtum und Karriere und passt sein Denken schließlich den Verlockungen eines erfolgreichen Aufsteigers an.
Ruge gelingt es, die Dramatik des nahenden Unheils mit Humor zu würzen, und er entwirft köstliche Szenen: Josse lernt z.B. unter Mühen im Liegen zu speisen oder die Annehmlichkeiten einer Massage zu genießen, und der alte Gelehrte Plinius bezweifelt die Vulkanthese ohne argumentative Begründungen aufs Schärfste, während er dick und unbeweglich in seinem Sessel döst. Überhaupt ist der Roman gespickt mit Anspielungen auf unsere Gegenwart, ohne jedoch mit erhobenem Zeigefinger ein besonderes Problembewusstsein einzufordern. Fragen der Demokratie, der Rhetorik von Politikerreden, der Auseinandersetzung zwischen Wissenschaftlern und Querdenkern und die Allmacht ökonomischer Interessen finden sich fein fabuliert im Text wieder - bis hin zu Zitaten wie "Wir schaffen das!".
Und Josse? Er bleibt trotz seiner Intrigen, trotz Machtstreben und Gesinnungswandel der Leserin ans Herz gewachsen - ein Mensch eben, mit all seinen Schwächen.

Kirsten Blanck für das Büchereiteam

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Personen: Ruge, Eugen

Schlagwörter: Historisches Vulkan Naturkatastrophen Pompeji

Interessenkreis: Gemeindebriefrezensionen