Das Autorenduo Juli Zeh und Simon Urban hat eine ungewöhnliche Form für seinen ersten gemeinsam geschriebenen Roman gewählt. Es ist eine Art moderner Briefroman, der ausschließlich aus E-Mails und WhatsApp-Nachrichten besteht. Auf den ersten Blick mag das befremdlich oder störend wirken, nach ein paar Seiten entpuppt sich dieses Buch aber als gut lesbar und äußerst spannend.
Darum geht es: zwei Menschen, Theresa und Stefan, die sich ca. 20 Jahre lang nicht gesehen haben, sind sich zufälligerweise in Hamburg wiederbegegnet. Früher lebten sie gemeinsam in einer WG und waren auf geschwisterliche Weise miteinander befreundet. Dann verloren sie sich aus den Augen und entwickelten sich in völlig unterschiedliche Richtungen. Stefan wurde Ressortleiter einer führenden Wochenzeitung, während Theresa den elterlichen Milchhof in Brandenburg übernahm.
Beim ersten Wiedersehen, das rückblickend erzählt wird, treffen verschiedene Welten aufeinander. Man könnte auch sagen, es liegen Welten zwischen den beiden: Welten, was den Beruf betrifft, Welten, was Lebensweise und Lebensumstände betrifft, die finanzielle Situation, die Art der Probleme, aber auch die Verantwortung, die getragen wird. Während Stefans Hauptaugenmerk auf der korrekt zur Schau getragenen politischen Haltung liegt, es in seinen Texten von Gendersternchen nur so wimmelt und sein größter Wunsch die Ausgabe einer Sonderbeilage zum Klimawandel ist, gelten Theresas Anstrengungen existenzielleren Dingen. Ihr Job als Chefin eines Agrarbetriebs ist körperlich anstrengend und kräftezehrend und beansprucht sie von früh bis spät an sieben Tagen in der Woche. Wäre das nicht schon genug, so plagen sie zunehmend die Sorgen über Dürre, Personalmangel, finanzielle Engpässe und Ernteverbote wegen Schweinepest.
Im Laufe des Romans kommen sich Theresa und Stefan näher, und es sieht so aus, als könnten sie die Kluft zwischen sich überwinden. Aber ihre Lebensumstände verändern sich immer schneller, sodass sie in ihrer jeweiligen Situation mehr und mehr in die Enge getrieben werden.
Fazit: ein ungewöhnlich geschriebener, fesselnd erzählter Roman mit hochaktuellem Bezug.

Claudia Rosenberger für das Büchereiteam

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Personen: Zeh, Juli Urban, Simon

Schlagwörter: Gesellschaft Politik Klima

Interessenkreis: Gemeindebriefrezensionen