Umfangreiche Biografie über Alma Mahler-Werfel (1879-1964), die ihren Volldampf-Lebensweg in die gesellschaftlichen und politischen Umstände der Zeit einfügt. (BI) Vor allem in Österreich dürfte dieses neue Buch über Alma Maria Schindler, verwitwete Mahler, geschiedene Gropius, verwitwete Werfel, auf erhebliches Interesse stoßen. Auch wenn die Zeiten vorbei sind, da man ihre deutschsprachige Lebenserinnerung "Mein Leben" aus dem Jahre 1960, in der sie so gut wie alles Spannende glatt bügelte und alles Seichte auftürmte, fast nur unter dem Ladentisch bekam - weil man die angeblich männerverschlingende Femme Fatale und "Circe von Wien" mit Personen wie Josephine Mutzenbacher in eine Reihe stellte. Das ist alles Gottseidank lange her. Die letzten vierzig Jahre haben die "Liz Taylor des Bauhauses", die sich durch Selbststilisierung permanent erhöhte, zurückgefahren zu jener noch immer außergewöhnlichen Frau mit großem Kommunikationstalent, die jede Menge Künstler und Gesellschafts- wie Geistesgrößen um sich scharte. Musisch hoch gebildet und begabt, erhielt sie Unterricht bei Alexander von Zemlinsky und begann, selbst zu komponieren. Als sie 22 Jahre alt war, lernte sie den um 19 Jahre älteren Komponisten Gustav Mahler kennen, damals bereits Hofoperndirektor. 1902 heirateten die beiden: Für Alma das Ende ihrer Musikerkarriere, da Mahler keine Konkurrenz im eigenen Haus duldete. Nach seinem Tode hat sie exzessiv gelebt: Mit Walter Gropius und Franz Werfel war sie ebenfalls verheiratet, unterhielt eine Affäre mit Oskar Kokoschka und genoss die Verehrung Gerhart Hauptmanns. Anders übrigens ihr Verhältnis zu Theodor Adorno, der sie als "das Monstrum" bezeichnete. Nun hat der 1971 geborene Historiker und Politologe Oliver Hilmes eine Biografie Alma Mahler-Werfels geschrieben. Er stützt sich dabei auf den lange verloren geglaubten Nachlass, der mehrere tausend Briefe, Postkarten und Tagebücher bis zum Tod Franz Werfels im Jahr 1945 enthält. Allerdings gibt Hilmes nicht bekannt, wo er die neuen Quellen hob: Ihre Tagebuch-Suiten erschienen bereits 2001 und als die Rezensentin die Enkelin Almas in London besuchte, wurde diesbezüglich nichts verlautbart. In vorliegendem Buch kommt nun Almas lange Zeit wenig beachteter Antisemitismus zum Vorschein wie auch ihre allmähliche Politisierung in der Nazizeit. Das schillernde Bild der Künstlermuse und Salonlöwin hat somit einiges an Glanz verloren. Immerhin regte ihr Leben den Wiener Schauspieler und Regisseur Paulus Manker mit dem Autor Joshua Sobol 1996 an, das Theaterstück "Alma - A Show Biz ans Ende" zu verfassen. - Breite Empfehlung. *bn* Beate Hennenberg
Personen: Hilmes, Oliver
Bi 2 Mahler-Werfel, Alma
Hilmes, Oliver:
Witwe im Wahn : das Leben der Alma Mahler-Werfel / Oliver Hilmes. - Berlin : Siedler, 2004. - 477 S. : ill.
ISBN 978-3-88680-797-0 fest geb. : 2,50
Einzelbiographien, die existentielle und allgemeinmenschliche Grunderfahrungen in den Mittelpunkt stellen (Verfolgung, Widerstand, Flucht und Vertreibung, Behinderung, Krankheit und Leid, Tod und Trauer usw.) - Buch