Ein aus dem prallen Alltag gegriffener Roman über jüdisches Leben im Deutschland der frühen 1950er Jahre. (DR) Michel Bergmann, als Kind jüdischer Flüchtlinge 1945 in einem Internierungslager in der Schweiz geboren, deutscher Journalist, Regisseur, Produzent und Drehbuchschreiber, legt mit dem vorliegenden Werk die Fortsetzung seines Erstlingsromans "Die Teilacher" über den Neuanfang jüdischer Vertreter 1946 nach dem Zusammenbruch Hitlerdeutschlands vor. Die "Teilacher", jiddisch "Handelsvertreter, Reisender", sind nun im Wirtschaftswunder angekommen, der Wäscheverkauf von Tür zu Tür macht sich bezahlt, es kehrt Wohlstand ein. Gleichzeitig ist der Horror der Schoa nicht vergessen und es muss immer noch mit Geschäftssinn, Witz und Bauernschläue mit dem alltäglichen Antisemitismus der Kundschaft umgegangen werden. Bezeichnend die Szene, in der die Teilacher über "das Wunder von Bern" trauern, da nun mit dem Fußballsieg Deutschlands gegen Ungarn die Nazis doch noch den 2. Weltkrieg gewonnen hätten, dann jedoch ihre Wäschegarnituren nach den deutschen Fußballhelden benennen und so ein gutes Geschäft machen. Der Roman besticht durch den Einblick in verschiedenste jüdische Biografien und thematisiert in der Geschichte des ehemaligen Berliner Alleinunterhalters und nunmehrigen Teppichhändlers Robert Fränkel in herzzerreißender und doch unterhaltsamer Weise nochmals den Holocaust. Fränkel muss sich im Jahr 1953 vor der CIA als der Kollaboration Verdächtiger rechtfertigen, da er von Nazigrößen wie Martin Bormann aus dem KZ Sachsenhausen geholt wird, um Hitler das Erzählen von Witzen beizubringen. Die Leserin/der Leser taucht mit dem befragenden CIA-Offizier in den spannenden Überlebenskampf Fränkels am Obersalzberg und in der Wolfsschanze und in die Geschichte eines knapp nie stattfindenden Treffens des jüdischen Kabarettisten und Möchtegern-Attentäters Fränkel mit Hitler ein. Und kann anhand eines zweiten Erzählstrangs die erste Liebe des zweiten Protagonisten, des 14-jährigen Alfred Kleefeld mit Emigrationsvergangenheit in New York, seine Begeisterung für sein sauer verdientes Rennrad, den geistigen Aufbruch in der Jugendkultur der 1950er Jahre sowie Alfreds Anfänge als Schauspieler im jüdischen Gemeindetheater mit den dazugehörigen titelgebenden machloikes, also Schwierigkeiten/Zwistigkeiten/Ärgernissen, erleben. Spannend, humorvoll und unterhaltsam bis zum letzten Wort, allen Bibliotheken sehr zu empfehlen.
Personen: Bergmann, Michel
Bergmann, Michel:
Machloikes : Roman / Michel Bergmann. - Orig.-Ausg. - Zürich : Arche, 2011. - 325 S.
ISBN 978-3-7160-2666-3 fest geb. : ca. € 20,50
Belletristik für Erwachsene - Signatur: DR BERG - Buch Dichtung