Wie in ihrem "Kassandra"-Buch (BA 6/83) nutzt Wolf auch hier griechische Mythen als Material zum Nachdenken über heutige Menschheitsprobleme. Im Zentrum der - verglichen etwa mit dem Drama von Euripides - neuen, z.T. extrem anderen Lesart der Medea-Figur steht deren Flucht in die Fremde, in das vermeintliche Wunderland Korinth, die Flucht aus als "unerträglich" empfundenen Verhältnissen in solche von "Demütigung und Enttäuschung", von blanker Ohnmacht. Die Problemfülle von Ost-West-Diskrepanz, "Wende" und Missbrauch politischer Macht scheinen Markierungspunkte zu sein; der Medea-Stoff wird fast zur Parabel. Ähnlich "Kassandra": ein grosses, literarisch und intellektuell anspruchsvolles Lesevergnügen.
Personen: Wolf, Christa
Wol Wolf
Wolf, Christa:
Medea : Stimmen ; Roman / Christa Wolf. - 1. [Aufl.]. - München : Luchterhand, 1996. - 235 S. ; 22 cm
ISBN 978-3-630-86935-3 fest geb. : 36,00
Wol - Schöne Literatur