Seit sich vor 40 Jahren ein kleines, grünes Tier mit rotem Kopf, immer träger werdend, durch Bilderbuchseiten fraß und nicht satt zu werden schien, ist eine Flut an neuen Bilderbuchlebewesen entstanden. Allein mit den neu geschaffenen Insekten könnte man ganze Galaxien bestücken. Dass das unscheinbare Tier aus dieser krabbelnden und fliegenden Menge hervorsticht, ist bemerkenswert. Eric Carles "kleine Raupe" ist ein Dauerseller. Seit einigen Jahren gibt es neben dem Buch auch noch eine Menge Merchandisingprodukte wie Spiele, Stofftiere, Geschirr usw. Nun soll anlässlich des 40. Geburtstags eine Pop-up-Version erscheinen. Es ist aber nicht nur die Werbestrategie des Verlages, die die Raupe weiterhin so präsent hält. "Die kleine Raupe" ist im Laufe der letzten vierzig Jahre zu einem fixen Bestandteil der Kinderkultur geworden, die stets weiter tradiert wird. Einen besonderen Platz hat das kleine Tier auch in der Institution Kindergarten. Irgendwann zwischen Fasching und Sommerfest bricht in vielen Kindergartengruppen die Raupenplage aus. Dieses Tier bietet sich förmlich an, von den Kindern nachgeformt zu werden, selbst die ganz Kleinen schaffen es, ihre Raupe zu gestalten. Verwendet wird dafür alles, was die Materialkästen der Pädagoginnen und Pädagogen so zu bieten haben. Die Raupen werden gemalt, gestempelt, genäht, gekleistert und collagiert. Es gibt sie von kleinen Pfeifenputzer-Anstecknadeln bis zu überdimensionalen Skulpturen, die eher albtraummäßige Dimensionen annehmen können. Darüber hinaus bietet sich das Buch an zu dramatisieren, indem Kinder selbst in die verschiedenen Rollen schlüpfen, Hand- oder Stabpuppen zum Einsatz kommen oder Marionetten verwendet werden. Auch im musikalischen Bereich ist vom Raupenlied bis zum Raupenmusicals alles zu finden. Mit der kleinen Raupe können unterschiedliche Bildungsbereiche mühelos abgedeckt werden. Dass mit der "kleinen Raupen" selbst mathematische Kompetenzen gefördert werden - am ersten Tag frisst sie einen Apfel, am zweiten zwei Birnen . - macht sich gut auf Elterninformationstafeln. Die Kinder lernen Farben, Formen, Gestalttechniken und biologische Phänomene kennen, üben sich im musikalischen und sprachlichen Ausdruck, lernen zu kooperieren und in Teams zu arbeiten, erfahren etwas über psychisches und physisches Wohlbefinden und vieles mehr. Der gesamte Kosmos an Bildungs- und Erlebnisbereichen im Kindergarten, wie sie der "Wiener Bildungsplan" festhält, lässt sich an diesem Bilderbuch ausbreiten. Die kleine Raupe ist also so was wie der Wunderwuzzi der Bildungsarbeit im Kindergarten. Warum sich gerade dieses kleine Insekt so standhaft hält, ist nicht wirklich klar. Es wurden bereits andere Kaliber aus dem Kindergartenthemenpool beboxt. Auch für diese gab es unzählige, gut erprobte Praxismodelle. Man denke nur an das große Sterben der Stoffetzerl-Ich-bin-Ichs oder Bambulis am Anfang der 80er Jahre, dem hoffentlich bald das Ende der Staniolpapier-Regenbogenfische folgen wird. Die Raupe scheint hier so was wie der Phönix aus der Asche zu sein, die sich für jede Generation neu erschafft. Vielleicht liegt das Geheimnis in der Geschichte der Metamorphose, dass sich Text und Illustrationen für jede Zeit neu formen; so, wie aus der Raupe immer wieder ein neuer Schmetterling schlüpft. Mögen ihr auf ihrem Weg durch weitere vierzig Jahre Bilderbuchgeschichte noch jede Menge Äpfel, Birnen und Erdbeeren, ab und zu auch eine Torte oder ein Lolli begegnen - und jede Menge Kinder. *ag* Nicole Kalteis Rezension: Wenn das Bilderbuch ins Blickfeld der freien Kunst gerät, dringen oft neue bildnerische Ideen und Konzepte in den Illustratorenzirkel ein. So auch vor 40 Jahren, als Eric Carle "Die kleine Raupe Nimmersatt" entwarf. Wie schon Leo Lionni so ignorierte Carle bildnerische Normen des Bilderbuchmarktes und trug Vorstellungen der freien Malerei ins Bilderbuch hinein. Dabei berührte sich seine künstlerische Laufbahn zunächst nicht mit der der Kinderbuchillustration. Carle strebte keine Illustratorenlaufbahn an, sondern studierte an der Akademie der bildenden Künste in Stuttgart und arbeitete als Grafiker und ab 1952 als Grafic Designer in den USA. Die Kunstszene der 50er Jahre war nicht nur dort noch weitgehend von Abstraktion und der Auseinandersetzung mit Farbe als Material, Geste und Raum geprägt. Zwischen "action painting" und "color field-painting" suchten KünstlerInnen neue Erfahrungen mit der Farbe auf der Leinwand. Solche malerischen Impulse haben ihre Spuren im umfangreichen Illustrationswerk Eric Carles sichtbar hinterlassen. Ob "Die kleine Raupe Nimmersatt" oder das jetzt wieder neu verlegte Buch "Ich habe die Geige klingen gesehen" - Carle führte, ungewöhnlich genug, die Farbe als Erlebnis ins Bilderbuch ein. Er gestaltet seine Formen aus malerisch bearbeiteten Papieren, auf denen Pinselspuren, gespritzte Farbflecke oder übermalte Farbschichten vorherrschen. Meist werden die Farbpapiere geschnitten und zu Collagen zusammengesetzt. Die Freiheit, die der Künstler im experimentierenden Umgang mit Farbe gewonnen hat, wird allerdings durch traditionelle figurative Entscheidun
Personen: Carle, Eric Christen, Viktor
Leseror. Aufstellung: Medienbox 2
Medienbox 2
Carle, Eric:
¬Die¬ kleine Raupe Nimmersatt : [das besondere Spielbilderbuch] / Eric Carle. Aus dem Amerikan. von Christen Viktor. - Neuaufl. - Hildesheim : Gerstenberg, 2008. - [26] S. : überw. Ill.
Einheitssacht.: ¬The¬ very hungry Caterpillar
ISBN 978-3-8369-4231-7 Festeinband Dicke Pappe : Euro 19,95
Zugangsnummer: 2019/1023 - Barcode: 00129978
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