Der Literaturnobelpreisträger (* 1927) erinnert sich an seine Jugend und an die frühen Jahre der Bundesrepublik. Muss man diesen Grass lesen? Nein! Schon ganz bestimmt nicht, um nur nach jener Szene zu fahnden, mit der der Autor noch vor Erscheinen seines Buches einen werbewirksamen Skandal ausgelöst hat. Wie es sich mit der Mitgliedschaft von Grass bei der Waffen-SS verhalten hat, weiß nun beinahe jeder Deutscher. Längst sind aber die Schwaden verraucht, von denen unsere "Kultur" der immer neuen Aufregungen und Aufgeregtheiten lebt. Unterm Strich ist dann alles kaum der Rede wert. Ansonsten erweist sich Grass auch in diesem autobiographischen Buch als Erzähler, der alle Sinne anspricht. Man riecht und schmeckt förmlich, wovon er schreibt. Womit wir beim Häuten der Zwiebel wären, dem Leitgedanken seines Buches. Immer und immer wieder damit konfrontiert zu werden, dass der Erinnerungsvorgang so etwas sei wie das Häuten einer Zwiebel, das Schale nach Schale freilegt, ermüdet aber schnell. Grass überfordert da den Begriff, der nicht hergibt, was von ihm verlangt wird. Trotz aller Kritik: Wer an den frühen Jahren des Autors interessiert ist und an dem Umfeld, in dem er sich damals bewegt hat, erfährt so einiges: über seine Familie, die junge Bundesrepublik und ihre Literaten. Und wie gesagt: Die Fabulierlust, die ihm einstens den Nobelpreis für Literatur eingebracht hat, ist bei Grass nach wie vor ungebrochen. (Rainer Boeck)
Personen: Grass, Günter
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Grass, Günter:
Beim Häuten der Zwiebel : Autobiografie / Günter Grass. - Göttingen : Steidl, 2006. - 479 S.
ISBN 978-3-86521-330-3 fest geb. :24,00
Einzelbiographien, die existentielle und allgemeinmenschliche Grunderfahrungen in den Mittelpunkt stellen (Verfolgung, Widerstand, Flucht und Vertreibung, Behinderung, Krankheit und Leid, Tod und Trauer usw.) - Sachliteratur