Ein langsames Roadmovie. (DR) Reither war bis vor kurzem Verleger. Er ist aus der Großstadt in ein kleines Dorf gezogen. Er lebt insgesamt sehr zurückgezogen, ist nicht unbedingt Menschenfeind, aber auch nicht sonderlich sozial veranlagt. Daher überrascht es umso mehr, dass er eines Tages am späten Abend einer Unbekannten seine Tür öffnet und spontan mit ihr nach Italien reisen will. Die beiden älteren Herrschaften machen sich im Auto auf, bis Sizilien soll die Reise gehen. Nun sind die meisten ähnlichen Geschichten eher rasant aufgebaut, ganz im Stil eines Roadmovies. Kirchhoff legt Wert auf Langsamkeit. Lange, komplizierte Sätze und behäbige Dialoge (allerdings mit fehlender Interpunktion) treiben die Handlung nicht gerade voran. Das Buch behandelt sowohl altbekannte Fragen nach dem Altern, der Liebe und menschlichen Beziehungen im weiteren Sinn als auch sehr aktuelle Themen. So nehmen sich die beiden eines Flüchtlingsmädchens an und werden von einem afrikanischen Flüchtenden aus einer unangenehmen Situation gerettet. Einerseits benimmt das ältliche Paar sich ziemlich teenagerhaft, andererseits verweigert es sich scheinbar lustvoll allem Modernen. Im Auto werden Kassetten gehört, über Smartphones äußert man sich abfällig. Bodo Kirchhoff hat für "Widerfahrnis" den Deutschen Buchpreis 2016 erhalten. Von der Leserschaft wird der Roman eher zwiespältig aufgenommen. Für mittlere und große Bestände ist das Buch jedenfalls zu empfehlen. Nachgefragt wird es durch die Medienpräsenz bestimmt. *bn* Sabine Eidenberger
Personen: Kirchhoff, Bodo
SL Kirc
Kirchhoff, Bodo:
Widerfahrnis : eine Novelle / Bodo Kirchhoff. - 2. Aufl. - Frankfurt/M. : Frankfurter Verlagsanst., 2016. - 223 S.
ISBN 978-3-627-00228-2 fest geb. : ca. ? 21,60
Schöne Literatur - Buch