Rezension: Ihrer Funktion als Boten Gottes zwar weitgehend enthoben, sind die Engel für SchriftstellerInnen aber nach wie vor eine faszinierende Chiffre für ein unbestimmtes transzendentes Gegenüber und die Kraft der Utopie. Auf dieser Ebene liegt auch das vorliegende Bilderbuch: Der von dem kleinen Jungen gezeichnete Engel wird zum Gegenüber und wünscht sich eine neue Art von Flügel. Und so sehen wir Flügelentwürfe aus Meereswellen, Gras, schimmerndem Glas, aus einem Streifen Sonnenlicht, aus blühenden Zweigen, aus Schneegestöber, einer Handvoll Schatten, aus Buchstaben und weißem Papier. Mit den zuletzt entworfenen Flügeln mit Sommersprossen fliegen die beiden dann drei Runden um den alten Nussbaum. Nur in wenigen Sätzen und gänzlich unspektakulär wird hier der Traum von der Macht der flügelverleihenden Phantasie entworfen - einer Phantasie, die trägt. Erfrischend und bemerkenswert, wie sich Selda Marlin Soganici von der Macht tradierter Engelsbilder zu lösen vermag und die lebendige Beziehung zwischen dem Jungen und dem wesensähnlichen Engelsmädchen in dynamischen und ständig die Perspektive wechselnden Illustrationen auf durchschimmerndem Fichtenholz zum Ausdruck bringt. Text und Bild vermitteln eine Atmosphäre des Vertrauens und öffnen den Raum für Möglichkeiten und Träume - und die bisweilen unterschätzte Macht der eigenen Sommersprossen!.
Personen: Janisch, Heinz Soganci, Selda Marlin
Standort: Schule
JD Sche
Schenk mir Flügel / Heinz Janisch. Mit Bildern von Selda Marlin Soganci. - 1. Aufl. - St. Pölten ; Wien : Niederösterr. Pressehaus, 2003. - [15] Bl. : überw. Ill.
ISBN 978-3-85326-275-7 fest geb. : ca. EUR 14,90
JD - Kinder- u. Jugendlit