Zu Fuß auf den Spuren der elterlichen Fluchtroute unterwegs. (BO) Schlesien, 1945: Die deutschsprachige Bevölkerung wird am Ende des Zweiten Weltkrieges zur Gänze vertrieben. Auch die Eltern von Christiane Hoffmann sind auf der Flucht vor der Roten Armee und versuchen, sich irgendwie bis in den Westen durchzuschlagen. Die Geschichte ihrer Familie ist der Ausgangspunkt für die Autorin, sich mit dem damaligen Geschehen auf persönlicher Ebene auseinanderzusetzen und Antworten auf viele offene Fragen zu finden, die sie schon ihr ganzes Leben begleiten. Nach dem Tod des Vaters begibt sich Hoffmann nach Rosenthal, das jetzt Rózyna heißt, um zu Fuß den Fluchtweg ihrer Eltern selbst zurückzulegen, der mehr als 500 km lang ist. Dabei stößt sie auf schwierige Hindernisse wie sumpfige Wälder und Hagelstürme, aber auch auf wunderschöne Landstriche, wo sie in Kirchen, Häusern und Geschäften mit den dort lebenden Menschen ins Gespräch kommt. Dabei stellt sie stets den Bezug zu ihren Eltern her. Der Autorin wird mit jedem zurückgelegten Kilometer klarer, dass das Trauma von Vater und Mutter auch auf sie selbst Auswirkungen hat, die ihr früher nicht bewusst waren. Es geht dabei nicht um Verdrängen oder Vergessen, sondern um das Bewusstmachen, welche Schrecken des Krieges kaum zu verarbeiten sind. Ein berührendes Buch, spannend zu lesen und mit der (unausgesprochenen) Frage verbunden, welche Einflüsse die persönliche Familiengeschichte auf das eigene Leben haben könnte.
Personen: Hoffmann, Christiane
Hoffmann, Christiane:
Alles, was wir nicht erinnern : zu Fuß auf dem Fluchtweg meines Vaters / Christiane Hoffmann. - München : C. H. Beck, 2022. - 274 Seiten
ISBN 978-3-406-78493-4 Festeinband : EUR 22,70 (AT)
Geschichte einschließlich Kultur- und Geistesgeschichte - Signatur: Ge Hoffm - Buch