Unterhaltsamer Pageturner mit beklemmender Atmosphäre und Mordfällen in aller Abgeschiedenheit. (DR) »Das Sanatorium« ist ein Buch, das einen aufgrund der unheimlichen Stimmung sofort packt und das mit interessant gezeichneten Figuren überzeugt. Elin soll mit ihrem Freund ein paar Tage in einem Luxushotel in den Schweizer Bergen verbringen. Ihr Bruder, zu dem sie ein angespanntes Verhältnis hat, feiert dort seine Verlobung. Das glamouröse Design kann die dunkle Vergangenheit der Anlage nicht verbergen. Ähnlich der Nebelschwaden, die um die Poollandschaft wabern, legt sich etwas Unheilvolles über das Setting. Das Gebäude war einst ein Sanatorium für Tuberkulosepatienten, ein Ort, an dem Menschen mit ihrer Krankheit rangen. Elin - sie arbeitet als Detective Sergeant und ist seit einem traumatischen Vorfall beurlaubt - reagiert sensibel auf die Umgebung: »Ihr Körper reagiert auf irgendetwas hier drinnen, etwas Lebendes, Atmendes, etwas, das in die DNA dieses Gebäudes verwoben ist, so untrennbar ein Teil davon wie seinen Mauern und Böden selbst.« (S. 74) Als eine Leiche auftaucht und das Hotel wegen starken Schneefalls und eines Lawinenabgangs von der Außenwelt abgeschnitten ist, ist die unter Panikattacken leidende Elin plötzlich die einzige Ermittlerin vor Ort. Sie stolpert am abgeschieden gelegenen Tatort nicht nur über das Grauen, das schon lange in dem Gebäude beheimatet ist, sondern wird mit schmerzhaften Einschnitten in ihrem Familienleben konfrontiert. Und dann ist da noch der Killer, der einen ausgeklügelten Plan verfolgt und sich mit den wenigen verbliebenen Gästen im Hotel verschanzt hat... Ich habe dieses Buch, das rasch auf die Bestsellerlisten wanderte, unterschätzt. Es hat neben dem Crime- und Gruseleffekt durchaus Tiefgang, die Abgründe, die sich in den zwischenmenschlichen Beziehungen auftun und das Schreiben darüber erinnern an die erfolgreichen psychologischen Spannungsromane von Paula Hawkins. Von der ersten Zeile an umgibt den Schauplatz eine gruselige Atmosphäre. Die britische Autorin flicht viele Indizien ein, die bei der Aufklärung der Ereignisse relevant sein könnten, sodass man permanent mit Spekulationen beschäftigt ist, um mögliche Zusammenhänge aufzudecken. Sarah Pearse führt auch aufmerksame Leser*innen gewaltig an der Nase herum, lenkt die Aufmerksamkeit immer wieder auf andere Details. Sie schlägt viele Wendungen ein und hält das hohe Spannungslevel bis zum Schluss – gewaltig für ein Debüt! Das Korrektorat hat vieles übersehen, die Geschichte entwickelt allerdings einen so großen Sog, dass man sich nicht lange über Schlampigkeitsfehler ärgert. Ein psychologischer Thriller, dessen Lektüre allen, die Gänsehaut-Feeling beim Lesen lieben, Spaß macht!
Personen: Marinovic, Ivana Pearse, Sarah
Pear
Pearse, Sarah:
Das Sanatorium / Sarah Pearse ; aus dem Englischen von Ivana Marinovic. - München : Goldmann Verlag, 2023. - 507 Seiten
ISBN 978-3-442-20635-3 Broschur : EUR 17,50 (AT)
Schöne Literatur - Buch