Dies ist die Geschichte eines Films, den es gar nicht gibt, und der es am Ende doch noch auf die große Leinwand geschafft hat – über Umwege, aber mit Star-Besetzung. Es ist die Verfilmung der Nichtverfilmung von Bertolt Brechts „Dreigroschenoper“. Ort des Geschehens ist das Berlin der 1920er-Jahre, das auch den jungen Eugen Berthold Friedrich Brecht magisch angezogen hatte, den schmächtigen Sohn des Direktors einer Augsburger Papierfabrik.
Am 31. August 1928 fand im Theater am Schiffbauerdamm in Berlin die Uraufführung der „Dreigroschenoper“ statt. Das Theaterstück von Bertolt Brecht mit Musik von Kurt Weill avancierte zur erfolgreichsten deutschen Theateraufführung bis 1933. Musiknummern wie „Die Moritat von Mackie Messer“, "Lied von der Seeräuber-Jenny“ oder die „Ballade vom angenehmen Leben“ wurden Welthits.
Nach dem überragenden Welterfolg will das Kino den gefeierten Autor des Stücks für sich gewinnen. Doch Brecht ist nicht bereit, nach den Regeln der Filmindustrie zu spielen. Seine Vorstellung vom „Dreigroschenfilm“ ist radikal, kompromisslos, politisch, pointiert: Brecht will eine völlig neue Art von Film machen - und weiß doch zugleich, dass die Produktionsfirma sich nie darauf einlassen wird. Brecht bringt die Produktionsfirma Nero-Film AG, die einen Film „frei nach Brecht“ produzieren will, vor Gericht und besteht auf seinem geistigen Eigentum. Letztlich kommt es zum außergerichtlichen Vergleich. Die Filmrechte gehen zwar an Brecht und Weill zurück , Nero-Film aber darf ihre Interpretation der „Dreigroschenoper“ mit Georg Wilhelm Pabst als Regisseur drehen.
Mit „Mackie Messer – Brechts Dreigroschenfilm“ hat Regisseur Joachim A. Lang Brechts Wunsch nach einer kompromisslosen und radikalen Filmversion der „Dreigroschenoper“ gewissermaßen doch noch realisiert. Dafür führt er verschiedene Handlungsstränge und Erzählebenen exzellent zusammen.
Brecht hatte seine eigenen Überlegungen zu einer Verfilmung der „Dreigroschenoper“ in dem Exposé „Die Beule“ festgehalten. Genau hier setzt Lang an: „Er verfilmt gewissermaßen ‚Die Beule‘, baut Versatzstücke der ‚Dreigroschenoper‘ neu zusammen, lässt sich von Brecht persönlich durch die Dreharbeiten führen und zeigt zugleich szenisch einige Momente der Kontroversen zwischen der Nero Film-AG und Brecht. Dieser Meta-Film wird abgerundet durch Impressionen von der Arbeit auf dem Theater im Vorfeld der Premiere des Stücks und Wochenschau-Material aus der krisenhaften Spätphase der Weimarer Republik zwischen dem 1.Mai 1929 und dem Reichstagsbrand am 28. Februar 1933. Das Ganze ist spektakulär hochkarätig mit spielfreudigen Schauspielern wie Tobias Moretti, Christian Redl, Joachim Krol, Meike Droste oder Peri Baumeister besetzt und wuchtig-turbulent und in Sachen Ausstattung, (überflüssiger) Choreografien und filmischem Diskurs vielleicht etwas zu kulinarisch in Szene gesetzt, mit der Pointe, dass Gangster Mackie Messer am Schluss zum Banker wird, aber politisch auch hinreichend aktuell.
Kurzum: Langs Film ist ein Fest vom Brecht-Kenner für Brecht-Kenner, zumal der Film weit über die ‘Dreigroschenoper’ hinausweist und munter andere Brecht-Werke wie ‘Im Dickicht der Städte’ einzuflechten versteht.“ (Ulrich Kriest, auf: filmdienst,de)
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Mackie Messer - Brechts Dreigroschenfilm
Schauspieler: Claudia Michelsen, Joachim Król, Britta Hammelstein, Lars Eidinger, Godehard Giese, Hannah Herzsprung, Robert Stadlober, Christian Redl, Meike Droste, Tobias Moretti, Peri Baumeister; Produktion: Till Derenbach, Michael Souvignier; Montage: Alexander Dittner; Vorlage: Bertolt Brecht; Kamera: David Slama; Musik: Kurt Schwertsik, Walter Mair; Drehbuch: Joachim Lang; Regie: Joachim Lang
Belgien/Deutschland 2018; FSK 6; Sprachfassung: Deutsch; 1 Online-Ressource (130 min); Bild: 16:9 HD
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