Wut als Auslöser für die Entdeckung einer unglücklichen Liebesgeschichte. (DR) Warum wird er immer so schnell wütend? Und warum haben seine Kinder Angst vor ihm? Der Autor selbst ist es, der sich diese Frage stellt und erkennen muss, dass sein Verhalten in seiner Familiengeschichte begründet ist. In dem komplexen Roman nähert sich Alex Schulman auf drei Zeitebenen der im wahrsten Sinn des Wortes fesselnden Beziehungsgeschichte seiner Großeltern: Karin wird ihr ganzes Leben von ihrem Mann Sven Stolpe, einem narzisstischen Erfolgsautor, tyrannisiert - erst recht, nachdem sie sich in den jungen Schriftsteller Olof Lagercrantz verliebt hat. Karin resigniert und bleibt bei Sven, erträgt seine grobe Kälte und beschwichtigt ihren Enkel Alex, der 1988 seine Sommerferien bei ihnen verbringt. Niemand erfährt, wie sehr Olof um sie gekämpft hat - und Karin um ihrer beider Überleben. Denn es gibt da eine Waffe in Svens Schreibtisch und die bekannte, lebenslange Feindschaft zwischen den beiden Autoren. Alex Schulman macht sich also akribisch auf die Suche - in seinen persönlichen Erinnerungen an die Großeltern und in erhaltenen Briefen, in Archiven und in den Tagebüchern von Olof Lagercrantz, die ihm dessen Familie bedingungslos zur Verfügung stellt. Ob der Autor bei seinen Recherchen den tatsächlichen Ursprung für seine Wut finden konnte, ist im Endeffekt unerheblich. In jedem Fall hat er mit diesem dokumentarisch-poetischen Buch seiner Großmutter ein Denkmal gesetzt und allen Menschen, denen kein selbstbestimmtes Leben vergönnt ist. Eine spannend aufgebaute Lektüre, die wohl viele Leser:innen berühren dürfte.
Personen: Granz, Hanna Schulman, Alex
Schulman, Alex:
Verbrenn all meine Briefe / Alex Schulman ; aus dem Schwedischen von Hanna Granz. - München : dtv, 2022. - 300 Seiten. - aus dem Schwedischen übersetzt
ISBN 978-3-423-29037-1 Festeinband : EUR 23,00
Romane, Erzählungen, Dramen, Lyrik, Sammlungen - Signatur: Schul - Buch