Lorenc, Kito
Flurbereinigung Gedichte
Buch

"Der Band enthält Gedichte aus den Jahren 1964-1973, also etwa aus einem Jahrzehnt, aber nicht aus dem ganzen Zeitraum meiner lyrischen Arbeit, der weiter zurückreicht Gedichte geschrieben habe ich etwa seit meinem 12. Lebensjahr ununterbrochen, zunächst deutsch, später immer mehr auch sorbisch Später, in den Struga-Gedichten vor allem, die ja ursprünglich zweisprachig erschienen sind, wollte ich den Deutschen etwas über die Sorben erzählen, aber auch den Sorben einiges über sich. Aber das muss ich wohl ein wenig näher erläutern, wenn es sich auch aus dem Gesamtzusammenhang der Gedichte schon erklärt, der sorbische Ausgangspunkt, meine ich. Vielleicht muss man da die unmittelbare Umgebung dieser Zeilen mit im Ohr haben. Das Vorausgehende, dass uns niemand das Denken abnehmen kann, auch nicht die nach uns; dies nur als zusätzliche Sicherheit, damit es nicht etwa als Überspringen der Gegenwart, als Vertagung eines Problems der Väter auf die Kinder, in die Zukunft, verstanden wird, denn von uns, unseren Taten und Träumen ist ja die Rede. Und dann das Nachfolgende, das Gesetz von der Erhaltung der Liebe, das da verkündet wird. Mir klingen die Ohren davon, und uns allen müssten die Augen davon übergehen, so sehr sind wir, die Zukunft, die heute gegenwärtig ist, von den Vätern geliebt und herbeigesehnt worden. Ich kann nicht anders, ich muss diese Liebe erwidern, und kann sie leider nur erwidern, indem ich sie auf die Kinder, und so doch wohl wieder auch, ja vielleicht nur, auf uns weitergebe. Die sorbische Literatur - und sie klingt mir ja im Ohr, weil ich über ein Jahrzehnt als sorbischer Literaturwissenschaftler gearbeitet habe - ist voll von den Anrufungen, Beschwörungen der Väter und der Zukunft, weil das Sorbische wohl mit seiner Gegenwart - national und sozial - nicht "fertigwurde", es nicht werden konnte, denn es wurde ja "fertiggemacht". Immer musste man sich auf die Väter besinnen, nur um Kraft für die Bewältigung der Gegenwart herzuholen, und konnte doch nicht das tun, oder nicht all das, was die Väter erträumt hatten. Das musste man einer imaginären Zukunft anvertrauen. Immer dieser inbrünstige Blick in die Vergangenheit, der eigentlich in die Zukunft gerichtet war, blind für die Gegenwart. Und alle Sehnsucht war doch, klarzusehen in der Gegenwart, Sehnsucht nach Harmonie, Kontinuität." (Kito Lorenc, 1973)
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Personen: Lorenc, Kito

Schlagwörter: Lyrik Bachmann, Horst

Interessenkreis: Lyrik

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Lorenc, Kito:
Flurbereinigung : Gedichte. - 2., leicht bearbeitete Auflage. - Berlin - Weimar : Aufbau-Verlag, 1972. - 108 : Illustrationen
Festeinband : 24,00 EUR

Zugangsnummer: 00003614 - Barcode: 2-2114237-4-00003614-6
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