Ildikos Familie ist bereits in den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts in die Schweiz ausgewandert, aus der Vojvodina, jenem Grenzgebiet zwischen Ungarn und Serbien, in dem auf serbischer Seite viele Ungarn leben. Ildiko erzählt, nicht chronologisch, sondern ungeordnet, von ihrem Ankommen in der Schweiz, der Cafeteria der Eltern, in der sie und ihre Schwester die Schweizer Volksseele oftmals hautnah mitbekommen, von den Besuchen in der alten Heimat, wo die Mamika, ihre Großmutter, immer noch als Mittelpunkt der Großfamilie ein bäuerliches Leben führt, von heißen Sommern und der zunehmenden Entfremdung. Und dann kommt der Krieg, der wegen der dort lebenden Verwandten in bedrückende Nähe rückt und sie von dort fernhält. - Sicher teilt die aus Serbien stammende, in Zürich lebende Autorin einige Erfahrungen mit ihrer Titelheldin, sonst könnte sie sie nicht so detailliert und lebendig erzählen lassen. Gedankenblitze, Rückblenden, Reflexionen über ihren Status als eingebürgerte Schweizerin und als Verwandte aus dem kapitalistischen Westen, Abonji nimmt ihre Leser mit auf eine Zeitreise durch über 30 Jahre serbische Geschichte und - untrennbar damit verbunden - ihre eigene Familiengeschichte. Und füllt damit den zurzeit so heiß diskutierten Begriff der Integration mit prallem Leben, teils voller Ironie, teils ratlos angesichts ungerechtfertigter Anfeindungen.
Personen: Abonji, Melinda Nadj
Leseror. Aufstellung: Romane
Abonji, Melinda Nadj:
Tauben fliegen auf / Melinda Nadj Abonji. - 6. Aufl. - Salzburg [u.a.] : Jung und Jung, 2010. - 314 S.
ISBN 978-3-902497-78-9 fest geb. : 22,00
Schöne Literatur - Signatur: Abonj - Buch