Beklemmende Aufarbeitung der Lebensgeschichte eines Dorftrottels in einem autobiografischen Rahmen. (ab 16) (DR) Wenn die Dorfleute vom "Milchgesicht" reden, dann sind es "phantasievollere Gemeinheiten", denn üblicherweise ist der Sepp einfach nur "der Trottel". Seine Krankheit hat ihn von Kindheit an auffallen lassen und ist mit ein Grund dafür, dass er nicht mitkommt mit den eng gesteckten Lebensbildern des kleinen Ortes in der Steiermark. Es sind die 1950er-Jahre, das kranke Baby kommt zur Tante, die nicht für die harte Arbeit am Bauernhof herhalten muss. Die Lebensgeschichte des geistig und körperlich beeinträchtigten Sepp ist die Haupthandlung in Christian Dudas Roman. Dabei ist der Sepp sozusagen nur eine Nebenfigur in der autobiografischen Erinnerungsarbeit des Autors, der sich an das Leben seiner Großmutter, der Schwester von Sepp, herantastet. Aber dieser Außenseiter gibt so viel her, um die Bösartigkeiten der Welt darzustellen, in der die geliebte Oma Cäcilia ein "normales Leben" gehabt hat. Die sehr kurzen Kapitel des Textes haben zwar eine grobe Chronologie, lassen aber durch die literarisch anspruchsvolle Sprache viel Rätselhaftes und Ungesagtes zur Interpretation offen. Es ist ein anstrengendes und beklemmendes Buch, dabei gleichzeitig aufschlussreich über die vielen Facetten von zwischenmenschlicher Gewalt. Die Covergestaltung mit perspektivisch verkehrten Größenproportionen und dem rußig-grauen Grundton ist sehr passend für eine intellektuelle Auseinandersetzung mit dem Außenseiter-Dasein. Der Roman verlangt nach literarisch ambitionierten Leserinnen und Lesern ab 16 Jahren.
Medium erhältlich in:
79 Katholische öffentliche Bücherei St. Bartholomäus,
Saulheim
62 Katholische Öffentliche Bücherei St.Bartholomäus,
Mörlenbach
Personen: Duda, Christian
Duda, Christian:
Milchgesicht / Christian Duda. - Weinheim : Beltz und Gelberg, 2020. - 159 Seiten
ISBN 978-3-407-75543-8 fest geb. : EUR 13,95
Romane und Erzählungen für Jugendliche ab 12 Jahre - Signatur: Duda - Buch