Heesen, Martha
Medium der interaktiven Leseförderung Antolin Mein Bruder, die Neuen und ich
Buch

„Mein Bruder Jan und ich baten die Eltern, vorläufig bitte kein Pflegekind mehr anzunehmen. Wir hatten irgendwie die Nase voll, sie immer wieder mit fremden Kindern teilen zu müssen. Wir sind eine Pflegefamilie, das bedeutet, dass hier Kinder wohnen, bei denen irgendwas Schlimmes ist.“ Wie turbulent, anstrengend, aber auch berührend so ein Alltag ist, davon wird aus der Sicht des 10-jährigen Ich-Erzählers Toon am Beispiel von 6 unterschiedlichen Pflegekindern erzählt: Da ist der „fette Rufus, mit seinen traurigen schwarzen Kuhaugen“, einem längst verstorbenen Gespensterfreund und einem geheimen Poesiealbum. Nach einem Kurzauftritt sechsjähriger Zwillinge, die eine Spur der Verwüstung hinterlassen, kommt Gerri mit ihren unheimlich wirkenden, scheinbar magischen Kräften – der präpubertäre Toon ist fasziniert von ihr. Mitten in der Nacht taucht dann der 17-jährige, naturwissenschaftlich hochbegabte Jirre auf, der kurz vor dem Abitur steht, aber lieber mit Legosteinen spielt, um die Einweisung seiner Mutter in eine geschlossene Anstalt zu verkraften. Kurz vor der Abreise in den familiären Sommerurlaub kommt Arend, der mit einem vollgepackten Rucksack auf der Suche nach einem Steinadler ist. Toons Bruder Jan, der immer gewinnen will, gegen Toon, gegen alle anderen Kinder, gegen das Wasser – er ist Wettkampfschwimmer – gegen die schweren neuen Unterrichtsfächer … eigentlich gegen alles, reagiert so entnervt, dass er am liebsten alles mit einem Stock totschlagen möchte. Dann kommt der neue „Notfall“ Abigael, ein schwarzes Mädchen mit abstehenden kurzen Zöpfchen, das nicht redet, nur vor sich hin starrt und das Toon in liebevoller Erinnerung bleiben wird als „ein Stachelschwein, das er nicht mehr aus dem Kopf kriegt“. Zuletzt bringt Milo mit seinem pausenlosen Redeschwall alle an den Rand der Verzweiflung. Sogar Jan, dem es nicht wie sonst gelingt, einen Neuankömmling verbal einzuschüchtern oder „plattzumachen“, kapituliert vor ihm. Am Ende fragt Toon zaghaft seinen Vater: „›Pa, wann glaubst du kommt wieder ein …‹, da schaute der Vater mit weit ausgebreiteten Armen zur Zimmerdecke, als ob im selben Augenblick jemand Neues durchs Dach gefallen käme.“ Berührend und mit respektvoller Distanz schildert Martha Heesen in Form von Momentaufnahmen den Alltag in einer Pflegefamilie, die Sehnsüchte und Wünsche der eigenen Kinder nach mehr Aufmerksamkeit seitens der Eltern. Es ist ein ganz besonderes Kinderbuch, das schwierige und schöne, belastende und erfolgreiche, traumatische wie glückliche Momente von Kindheit und Jugend wunderbar schlicht, ergreifend und tiefgründig anschaulich macht. Bemerkenswert auch die pfiffigen Illustrationen und die im Ton so stimmige Übersetzung aus dem Niederländischen von Rolf Erdorf.

Altersempfehlung: ab 9 Jahren.


Dieses Medium ist verfügbar. Es kann vorgemerkt oder direkt vor Ort ausgeliehen werden.
Dieses Medium ist im Leseförderprojekt Antolin vorhanden.
Bei antolin.de aufrufen

Personen: Heesen, Martha Bohn, Maja

Schlagwörter: Antolin

Ju 2 Hee

Heesen, Martha:
Mein Bruder, die Neuen und ich / Martha Heesen. - 1. Aufl. - Hildesheim : Gerstenberg, 2017. - 113 S. : zahlr. Ill. - aus dem Niederländischen übersetzt
ISBN 978-3-8369-5903-2 fest geb. : EUR 12,95

Zugangsnummer: 2021/0034 - Barcode: 2-3091033-9-00006832-1
Erzählungen 9-12 Jahre - Buch