Ransmayr, Christoph
Der fliegende Berg Roman
Belletristik

Zwei Brüder unterwegs zu einem Gipfel des Himalaya - große Literatur lädt zur genussvollen Entschleunigung ein. (DR) Das Warten auf den "neuen Ransmayr" hat sich ausgezahlt. Der österreichische Autor, der jedes Wort auf die Goldwaage legt, hat wieder ein außergewöhnliches Werk geschaffen. Das beginnt bei der überraschenden Optik: Mit dem extremen Flattersatz nähert sich Ransmayr den formalen Ursprüngen des Romans, dessen Wurzeln bekanntlich in den Versepen liegen. Die "fliegenden Sätze" - so der Autor bescheiden über die verwendete Form - können getrost als Verse bezeichnet werden: Ransmayrs lyrische Sprachqualität ist unbestritten. Hier gleich eine kleine Warnung an Schnell- und QuerleserInnen: Die formale Gestaltung bremst sofort und der Text fordert die ihm gebührende Aufmerksamkeit. Die ungeteilte Zuwendung wird vielfältig belohnt: Ransmayr erzählt in der ihm eigenen wunderbaren Sprache eine spannende Geschichte mit viel Raum zum Nachdenken. Zwei Brüder verlassen Irland, um einen ganz besonderen Berg zu suchen und zu besteigen - der eine findet bei diesem Unterfangen seine große Liebe, der andere den Tod. Das ist alles, was in diesem Buch "passiert", aber diese beiden Themen sind ohnehin von elementarer Bedeutung und finden ihre symbolische Entsprechung in der archaischen Natur: Meer und Gebirge offenbaren sich wie am Beginn der Schöpfung - unberechenbar und unermesslich, geheimnisvoll und gigantisch. Der perfekte Rahmen für das menschliche Streben nach Erfüllung, das selten in rationalen Bahnen verläuft und mitunter hoher Berge oder eines extremen Nationalbewusstseins bedarf… Als modernes symbolisches Pendant für die Schöpfungsidee fungiert das weltweite Datennetz, das vom menschlichen Geist ebenfalls nicht erfasst werden kann. Das Internet, besonders für den tonangebenden Bruder Liam die wichtigste Brücke von der irischen Insel zum Rest der Welt, bildet ein flimmerndes Universum per se innerhalb einer gigantischen Schöpfung. Der Mensch ist darin bedeutungslos, ein winziges Staubkörnchen, manchmal etwas lästig, aber in der nächsten Sekunde des Universums schon wieder vergessen. - Eines der seltenen Bücher, denen keine Rezension gerecht werden kann und die lange im Gedächtnis haften bleiben. BibliothekarInnen sollten es ihren Leserinnen und Lesern ans Herz legen! *bn* Sabine Krutter


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Personen: Ransmayr, Christoph

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RAN

Ransmayr, Christoph:
¬Der¬ fliegende Berg : Roman / Christoph Ransmayr. - 3. Aufl. - Frankfurt a. M. : S. Fischer, 2006. - 359 S.
ISBN 3-10-062936-1 fest geb. : ca. Eur 20,50

Zugangsnummer: 0014038001 - Barcode: 6104149867
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