Dicht gedrängte Schicksale. (DR) Erich Hackl hat drei Geschichten zusammengestellt, geschrieben zwischen 2007 und 2013. In der ersten geht es um eine jüdische Familie, die vor den Nazis nach Brasilien flüchtet, um in der nächsten Generation von einer anderen Diktatur gefoltert zu werden. Die zweite handelt von dem in Auschwitz inhaftierten Wilhelm Brasse, der an die 50.000 Fotos machen musste für die Lagerverwaltung und dessen Bilder nach der Befreiung um die Welt gingen. Die dritte Geschichte erzählt das traurige Schicksal der Widerstandskämpferin Gisela Tschofenig. Der Titel des Buches klingt wie ein Untertitel. Wieso "tränenlos"? Die Geschichten sind alle von ungeheurer Tragik. Ist es (wie in der ersten Geschichte formuliert) "sehr tränenlos" im Sinne "ohne Wehmut, nichts wie weg, froh, das Zurückgelassene zurücklassen zu können"? Oder sind Tränen ein Zeichen von Kitsch, der Autor möchte aber ein Betroffensein erreichen, das (im Sinne Brechts) zu einem Überdenken der eigenen Denkmuster führen soll? Oder ist es, wie im Klappentext angekündigt, die nüchterne Erzählweise, die in der letzten Geschichte schon an Gefühlskälte grenzt? Hackl schreibt die für ihn erfundene Gattung "Schicksalsprotokolle". Diese literarisch-historischen Reportagen kann man mögen oder nicht. Dass der Autor sich von seinen Untersuchungsobjekten aber emotional nicht so distanziert, wie es in manchen Passagen erscheint, erkennt man an dem Aufwand, den er für seine Recherchen betreibt.
Familie Klagsbrunn
¬Der¬ Fotograf von Auschwitz
Tschofenigweg. Legende dazu
Personen: Hackl, Erich
DR
HAC
Hackl, Erich:
Drei tränenlose Geschichten / Erich Hackl. - Zürich : Diogenes-Verl., 2014. - 153 S.
ISBN 978-3-257-06884-9 fest geb. : ca. € 19,50
DR - Belletristik