"Anton und Bill sind heut‘ seltsam still. Cilli und Dorothée machen Kräutertee." So schön geordnet das ABC und D, so rund der Reim, so beschaulich die beschriebene Szenerie zwischen Stille und Kräutertee. Eine heile Welt, wären da nicht die Bilder, die uns ein ganz anderes Geschehen vor Augen führen - turbulente Schauplätze, wo lustvoll der Verhaltenskodex der Erwachsenen in die Luft geht und all das passiert, was Gott und die Welt verboten haben: Es wird gezündelt, getäuscht, getrickst und gestritten, dass es nur so kracht. - Also, so geht das wirklich nicht! Was macht man in so einem Fall? Unsere dringende Empfehlung: Kinder, wir müssen reden! Literatur ist ein Raum, in den man sich gefahrlos hineinträumen und in dem man alles ausprobieren kann. Schon immer leben Geschichten aus dieser magischen Imagination. Ähnlich wie beim „Struwwelpeter“ wird in diesem Bilderbuch von Heinz Janisch und Helga Bansch die Regelübertretung zum Grundprinzip, anders als beim Struwwelpeter bleiben die Situationen jedoch gänzlich offen und enden glücklicherweise nicht im Strafvollzug des Verhungerns, Verstümmelns, Verbrennens oder Verspottens. Kinder unter sich Erwachsene kommen in diesen Bildern nicht vor, als moralische Instanz spiegeln sie sich höchstens im geheimnistuerischen Verhalten der Kinder oder ihrem schelmischen Seitenblick. Setzen Lausbubengeschichten in der Regel darauf, nach der lustvollen Regelübertretung in einem finalen Läuterungsprozess die Welt wieder in Ordnung zu bringen, spricht dieses Bilderbuch die Einladung aus, die Szenen zu deuten, zu besprechen und neben einer szenischen Haupthandlung die vielen, vielen spielerischen, liebevollen und originellen Details zu entdecken und die zu den Buchstaben passenden Tiere und Gegenstände zu benennen. Und noch mehr: Jede Szene bietet zugleich einen Traum von Welt. Die Verführung zum Lesen und Sprechen Heinz Janisch, Großmeister in der hohen Kunst der Reduktion, hat ein einfaches Textkonzept mit einem Paarreim je Seite grundgelegt - streng und entsprechend einprägsam in der Struktur, zugleich offen und vielfältig in den anklingenden Sprachbildern. Wenn Helga Bansch ihre kompositorisch beeindruckenden Szenerien gegen den Text legt, liefert das Buch zugleich eine erste Schule im Erkennen medialer Spiele zwischen Wort und Text und ein Grundverständnis von Ironie. Ein Buch, das gekonnt mit der Lust kindlicher Anarchie spielt - wie gemacht für Bilderbuchrollenspiele von probeweise schlimmen Kindern und mahnenden Erwachsenen.
bn.bibliotheksnachrichten / Reinhard Ehgartner||
Personen: Janisch, Heinz Bansch, Helga
JD.Z
JAN
Janisch, Heinz:
Wir sind alle nett : von A bis Z / Heinz Janisch ; Helga Bansch. - Wien : Jungbrunnen, 2017. - [30] S. : überw. Ill. (farb.)
ISBN 978-3-7026-5914-1 fest geb. : ca. € 15,95
JD.Z - KuJ-Belletristik