Eine Tragikomödie über Randexistenzen im Niemandsland. (DR) Der 43-jährige Protagonist Wunderlich sichert als "Jobhopper" seine Existenz und gibt privat Zeichenunterricht. Weil ihn seine Geliebte Marie gerade verlassen hat, ist Wunderlich "der unglücklichste Mensch, den er kannte. Er kannte zwar nicht viele Menschen, doch was spielt das für eine Rolle, wenn das eigene Unglück größer ist als man selbst." - Ein klassischer Anfang. Daraufhin würde sich der Träumer Wunderlich am liebsten dem Selbstmitleid hingeben, wäre da nicht plötzlich "Anonym", eine Stimme, die per SMS mit ihm zu sprechen beginnt. Auf Geheiß von "Anonym" begibt sich Wunderlich auf Reisen. Mit unbestimmten Ziel: Er fährt nach Norden und möchte das Meer sehen. Von nun an begleiten wir Wunderlich acht Tage hindurch, in denen er einzelgängerischen Männern und Frauen begegnet, die tapfer jeweils gegen ihre eigenen anonymen Mächte ankämpfen - Finke, der Motorradfahrer, Toni, die im Wohnwagen haust und über Zauberei Bescheid weiß, oder Lennon Felljacke, der einfach nur da ist, um den Mythos John Lennon neu zu erzählen. Wie einst Lewis Carroll führt uns heute Marion Brasch in ein Wunderland, dem mit Realismus nicht beizukommen ist. Trotz des tragikomischen Gesamtcharakters beschreibt die Tochter des DDR-Kulturpolitikers Horst Brasch allerdings nichts weniger als das Niemandsland der DDR nach der Wende mit seinen verlassenen und verstoßenen Kindern. Empfehlenswert!
Personen: Brasch, Marion
DR
BRA
Brasch, Marion:
Wunderlich fährt nach Norden : Roman / Marion Brasch. - Frankfurt a. M. : S. Fischer, 2014. - 285 S.
ISBN 978-3-10-001368-2 fest geb. : ca. € 20,60
DR - Belletristik