Yasmina Reza stammt selbst aus einer weitverzweigten jüdischen Familie und als Theaterautorin ist sie eine Meisterin des Dialogs. Beides ist bestimmend für ihr neues Buch über das "geschichtsvergessene (Geschwister-)Trio" und deren Familie. Nach dem Tod der Großmutter überfällt Josephine ihren Vater mit dem Wunsch, gemeinsam nach Auschwitz zu fahren und der dort ermordeten Verwandten zu gedenken. Serge, ein nicht sehr erfolgreicher Unternehmensberater, ist froh, dass sein mittlerer Bruder Jean und seine "kleine" Schwester bereit sind mitzufahren. Diese Fahrt wird weniger zum Anlass einer differenzierten Auseinandersetzung mit Erinnerungskultur oder deren Scheitern als zum Spiegel einer Familienkonstellation, die sprachlich virtuos in Szene gesetzt ist. Im Zentrum stehen die Geschwisterbeziehungen, die voller Nähe, Erinnerungen, Wut, Enttäuschung und letztlich Zusammenhalt sind. Das alles wird mal sarkastisch, mal komisch und stets in unsere Gegenwart spiegelnder Sprache erzählt und spart auch existenzielle Fragen nicht aus. "Der Sommer enthält alle Sommer, die früheren und diejenigen, die wir nie erleben werden."
Spritzig, entlarvend, einfach treffend erzählt. Gern empfohlen!
[Quelle: Eliport, Rezensent: Gabriele Kassenbrock]
Personen: Reza, Yasmina Schmidt-Henkel, Hinrich Heibert, Frank
Rez
Reza, Yasmina:
Serge : Roman / Yasmina Reza; aus dem Französischen von Frank Heibert und Hinrich Schmidt-Henkel. - 1. Auflage. - München : Carl Hanser Verlag GmbH & Co.KG, 2022. - 205 Seiten
ISBN 978-3-446-27292-7 Festeinband : EUR 22,00
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