Die Diskussion um Genforschung und -manipulation ist hier auf imaginärer Ebene bereits entschieden. Charlotte Kerner schildert die Entwicklung eines menschlichen Klons und bedient sich zur Darstellung jenes inneren und äußeren Individualitätskonflikts einer spannenden diffusen Multiperspektivität. Der Wunsch nach Unsterblichkeit ist es, der Iris Sellin, eine an Multipler Sklerose erkrankte Pianistin, dazu bringt, ihre Blaupause zu gebären, einen narzisstisch motivierten Ego-Klon. Das Buch verweist auf eine nicht allzu ferne Zukunft, in der die Möglichkeit zum menschlichen Klonen bereits besteht, ein erster Versuch allerdings noch aussteht und erst mit Siri Sellin / Iris II zur Welt kommt. Die folgende Charakterstudie beider Protagonistinnen besticht durch das gelungene Zu-Ende-Denken der Autorin: Genetisches Programm, ein Kerker aus erzieherischer Planung und die Diktion zum musikalischen Ebenbild führen zu einem - zumeist aus Siris Sicht erzählten - zwischenmenschlichen Drama, das erst mit dem Tod Iris' ein Ende nimmt und die Suche nach Einmaligkeit beendet. Die Autorin jongliert hier mit Begrifflichkeiten wie Muzwi - Mutterzwilling, Mutterschwester oder Duich, die in der realen Zukunft ihr Pendant erst finden müssen, und verdeutlicht damit die ungemein schwer einzuschätzenden Auswirkungen auf das menschliches Sein. Die Verfilmung durch Regisseur Rolf Schübel (2003) sei aufgrund der Motivdichte und der überzeugenden Doppel-Performance von Franka Potente ebenso empfohlen. *STUBE*Nachhaltigkeit
Personen: Kerner, Charlotte
Leseror. Aufstellung: Erwachsenenbücher → Schöne Literatur → Romane
KERN
Kerner, Charlotte:
Blueprint Blaupause / Charlotte Kerner. Mit einem Nachwort von Charlotte Kerner. - Weinheim : Beltz & Gelberg, 2010. - 208 S.
ISBN 978-3-407-74102-8 kt. : EUR 7,50
EB - Buch