Im Denken der sog. "Antipädagogik", die sich als eine Meinungsmode in der pädagogischen Diskussion der Bundesrepublik relativ weit ausgebreitet hat, wird nicht mehr- wie in der pädagogischen Tradition, auf die sie durchaus zurückfuhren ist (Rousseau) - eine schlechte Erziehungspraxis im Namen einer Idee besserer Erziehung kritisiert, sondern die Idee der Erziehung überhaupt aufgegeben. Dieser Angriff zielt auf den Kern des pädagogischen Denkens, und er scheint einem langfristigen Trend des kulturellen Wandels in postmodernen Industriegesellschaften zu entsprechen. Während in der Bundesrepublik die Antipädagogik vor allem von provozierenden Polemiken getragen wird, gibt es in den USA neuerdings auch Arbeiten, welche die Antipädagogik in diskussionsfähiger Weise theoretisch zu begründen versuchen. Damit ist das traditionelle pädagogische Denken in doppelter Weise herausgefordert durch eine verbreitete Stimmung im Praxisfeld der Erziehung selbst und durch fundierte theoretische Begründungen. Der vorliegende Beitrag stellt sich dieser Herausforderung und (1) legt den Ausgangspunkt und einige Polemiken der Antipädagogik dar, (2) diskutiert zwei amerikanische Begründungsarbeiten, die verschiedene Varianten der Antipädagogik darstellen, und (3) weist einige innere Widerspruche des antipädagogischen Denkens auf und schätzt dessen Bedeutung im Kontext gegenwärtigen gesellschaftlichen Bewußtseins ab.
Enthalten in:
Zeitschrift für Pädagogik; 1981/1
(1981)
Weiterführende Informationen
Serie / Reihe: Zeitschrift für Pädagogik
Personen: Lehmann, Thomas Oelkers, Jürgen
Lehmann, Thomas:
Liberalismus, Ideologiekritik und Antipädagogik / Thomas Lehmann ; Jürgen Oelkers, 1981. - S.105-125 - (Zeitschrift für Pädagogik)
Zeitschriftenartikel